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Archiv-Artikel

FREIE WECHSELKURSE SCHADEN NICHT NUR ENTWICKLUNGSLÄNDERN Fair heißt fix

Grundsolide war die Währung im Kaiserreich Wilhelms II. – bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Bis dahin fest ans Gold gebunden, waren stabile Wechselkurse garantiert. Doch alsbald wurde der Krieg per Notenpresse finanziert – die Folge waren eine wilde Inflation, Weltwirtschaftskrise, Faschismus und der Zweite Weltkrieg.

Seither streiten Ökonomen darüber, ob feste Wechselkurse wie in der wilhelminischen Gold-Ära gut sind oder die Kurse doch besser – wie in unseren Tagen – beliebig „floaten“ sollten. Eine Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Ragnar Nurke, vom Völkerbund nach 1945 für die Verhandlungen in Bretton Woods bestellt, kritisierte die lockere Währungsordnung in der Zwischenkriegszeit. Nurkes bis heute vielfach variierte Antwort lautet, dass freie Wechselkurse ein bestehendes Ungleichgewicht nicht ausgleichen, sondern verstärken. Nicht die zweifellos irrenden Politiker aller Nationen machten das System instabil, sondern es war in sich systematisch instabil. Letztlich dürfte eine Gemengelage schuld sein, und ein Zurück zum knallharten Goldstandard kann es nicht mehr geben, schon weil die Geldmenge, die sich im globalen Umlauf befindet, die weltweiten Goldvorräte bei weitem überragt. Aber die Frage nach festen Wechselkursen bleibt aktuell. Den besten Beleg dafür liefert der Euro, der im Kern nichts anderes darstellt als zwölf Länder, die sich auf feste Wechselkurse verpflichtet haben. Wie sinnvoll das sein kann, zeigen die Verwerfungen zwischen Euro und Dollar. Letzterer verlor in kurzer Zeit ein Fünftel seines Euro-Wertes, was die US-Exporte ankurbelt und die Euro-Konjunktur bremst.

Wenn aber schon führende Industrieregionen den Schutz fester Wechselkurse suchen, wie viel nützlicher wären diese für Entwicklungsländer, die mit ihren Agrarprodukten und Rohstoffen unverhältnismäßig unter dem freien Spiel der Devisenkräfte leiden, dass vor 90 Jahren begann. Es sollte zu den Aufgaben der kommenden WTO-Verhandlungen gehören, der Dritten und Vierten Welt neben einem fairen Handel auch faire und fixierte Wechselkurse anzubieten. HERMANNUS PFEIFFER