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FRANKREICH STREITET UM VERWENDUNG VON STEUERMILLIARDENUnüberlegte Großzügigkeit

Ein prall gefülltes Sparschwein haben, sich Gedanken über die Verwendung seines Inhaltes machen und sich auf den Schlachttag vorbereiten – all das kann im Prinzip sehr vergnüglich sein. Nicht so für die rot-rosa-grüne Regierung in Paris. Seit vielen Monaten war bekannt, dass sie dank des neuen Wirtschaftswachstums auf zusätzlichen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe saß. Doch statt souverän über deren politische Verwendung zu entscheiden, hielten die Linken von Paris bis vor wenigen Wochen sogar deren Höhe geheim.

Bereits im vergangenen Juli hatte Staatspräsident Chirac angekündigt, es gebe viel Geld im Staatssäckel. Zeit genug, um nachzudenken. Doch der sozialistische Premier hüllte sich geschlagene acht Monate lang in Schweigen. Erst in dieser Woche gab er bekannt, was er vorhat: Steuersenkungen in Höhe von 40 Milliarden Franc, ein paar Finanzspritzen für einzelne Bereiche des öffentlichen Dienstes. Und sonst gar nichts. Hinter dieser Verzögerung steckt mehr als nur schlechte Kommunikationspolitik in Finanzministerium und Matignon-Palast. Tatsächlich haben die Rot-Rosa-Grünen in Paris sowohl innerhalb ihrer Regierung als auch gegenüber der Basis ihrer Parteien erhebliche Divergenzen über die Verwendung der Staatseinnahmen. Ein Teil der Linken will vor allem das republikanische Prinzip des öffentlichen Dienstes verteidigen. Die Ausgaben für diesen Sektor wollen sie nicht etwa kürzen, sondern aufstocken. Auch wenn die Europäische Union etwas anderes verlangt. Ein anderer Teil der Linken, wozu Jospin und die Mehrheit seiner PS gehören, hingegen wollen die Politik der „Haushaltsdisziplin“ fortsetzen.

In der Logik der Haushaltsdisziplin liegen auch die jetzt vorgestellten Steuererleichterungen. Eine irgendwie geartete Umverteilung ist damit nicht verbunden. Die seit langem von den linken Koalitionspartnern verlangten höheren Sozialleistungen an die knapp fünf Millionen unter der Armutsgrenze lebenden Franzosen sowie eine grundsätzliche Stärkung des öffentlichen Dienstes ist nicht vorgesehen. Lionel Jospin, der sich auf den Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2002 vorbereitet, sollte nicht vergessen, wer ihn 1997 zum Premierminister gemacht hat und auf wessen Unterstützung er zwingend angewiesen sein wird, wenn er das Rennen gegen Chirac schaffen will: die französische Linke. Sie hat schon 1995 einmal wochenlang gegen einen Premierminister gestreikt, der rigide die europäische Haushaltsdisziplin durchsetzen wollte. Was damals dem Konservativen Juppé passierte, könnte sich wiederholen – auch gegen den Sozialisten Jospin. DOROTHEA HAHN

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