FLASCHENÖFFNER : Fünfzehn, sechzehn
Manchmal wäre ich gern mein Gegenteil, ein rauchender Mann, der Fahrradfahren nicht mag, zum Beispiel. Wie Paul, mein Freund. Gestern saß er in der U-Bahn und drehte sich eine Zigarette. Ihm gegenüber zwei Mädels. „Fünfzehn, sechzehn, irgendwie so was“, sagt er. „Nee, oder?“, sage ich, „du hast denen keine Kippen gedreht!“ – „Jetzt hör doch erst mal zu!“, sagt Paul, „immer willst du, dass ich was erzähle, und dann lässt du mich nie ausreden!“ – „Ja doch“, sage ich so kleinlaut, wie ich kann.
Paul erzählt: „Also. Ich sitze in der U2 und drehe mir eine Zigarette, weil ich nächste raus muss. Mir gegenüber zwei Mädchen, fünfzehn, sechzehn. Vielleicht waren sie auch erst zwölf und älter geschminkt, ich kann das immer nicht erkennen.“ – „Oh Gott!“, entfährt es mir. Paul hört auf zu sprechen. Ich halte mir den Mund zu. Er fährt fort. „Also, ich drehe so und merke, wie die beiden, die vorher irgendwas diskutiert haben, plötzlich still werden. Ich gucke hoch und merke, dass sie mich ansehen. Sie fangen an zu zappeln. Stoßen sich an, gucken auf die Kippe, gucken sich an. Schließlich nimmt die Größere all ihren Mut zusammen, räuspert sich, beugt sich vor und fragt ganz schüchtern, mit ausgesuchter Höflichkeit: ‚Entschuldigen Sie, können Sie eine Flasche mit einem Feuerzeug aufmachen?‘ “ „Oh!“, sage ich, „is das niedlich!“ – „Ja, oder?“, sagt Paul und freut sich über den Erfolg seiner Geschichte.
„Hast du es gemacht?“, frage ich. „Ja klar“, sagt Paul. „Wenn sie mich gebeten hätten, für sie in den Späti zu gehen und das Bier zu kaufen, dann hätte ich Nein gesagt. Aber wo sie es nun schon mal hatten?“ – „Aber richtiges Bier?“, frage ich zweifelnd. Ich selber hab mit Anfang zwanzig angefangen, Bier zu trinken. Da fing das an mit den Biermischgetränken. Die schmeckten nicht so eklig nach Bier. „Nee“, sagt Paul, „kein richtiges Bier. Ein Beck’s Lemon und ein Beck’s Gold, oder so.“ LEA STREISAND