FELIX LEE POLITIK VON UNTEN : Gewaltübung auf der Waldlichtung
Vor dem 1. Mai üben linke AktivistInnen Verhaken und Verketten in Blockadetrainings. Wie vieles andere haben die Neonazis sich das Konzept abgeschaut. Mit einem Unterschied: Die Rechten setzen auf Gewalt
Auf den ersten Blick gibt es keinen großen Unterschied zum Blockadetraining von linken AktivistInnen: Ein Teil wird mit Polizeiknüppeln ausgestattet. Die anderen dürfen so bleiben wie sie sind: Kapuzenpullis, Sonnenbrille, Baseballcaps und mit schwarzen Tüchern verhüllt bis über die Nase. Sie stellen ganz offensichtlich die Demonstranten dar.
Es wird auf einer abgelegenen Waldlichtung in Brandenburg trainiert. Nicht so öffentlich wie der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg. Erst auf den zweiten Blick fällt auf: Was da knapp eine Woche vor dem angekündigten rechten Aufmarsch am 1. Mai in Berlin stattgefunden hat, ist ein Blockadetraining von Neonazis.
Fotos und Videoclips im Internet zeigen die Rechtsextremisten, wie sie das Durchbrechen von Blockaden üben. Nun ist es nicht das erste Mal, dass Neonazis von der linken Szene abkupfern. Den Autonomenlook haben sie übernommen, das Auftreten in einem geschlossenen schwarzen Block auch. Und selbst die Parole „Kapitalismus ist Krise“ wird von den Rechten genutzt.
Einen Unterschied gibt es beim rechten Blockadetraining jedoch: Während linke Aktivisten vor allem das Ineinanderhaken üben und trainieren, nicht gleich in Panik das Weite zu suchen, sobald Polizisten auftauchen, ist das rechte Blockadetraining vor allem auf eins gerichtet: auf konfrontative Gewalt.
Ein zweites Dresden wollten sie nicht noch einmal erleben, heißt es in den einschlägigen Webforen der Rechten, nachdem sich ihr Aufmarsch anlässlich des 65. Jahrestags der Luftangriffe auf Dresden am 13. Februar wegen der vielen linken Blockaden nicht in Bewegung setzen durfte.
In den Achtzigerjahren haben militante Neonazis Wehrsportübungen abgehalten und wollten damit den bewaffneten Kampf proben. So weit ist es mit der rechten Szene derzeit nicht. Aber Polizei und Gegendemonstranten sollten sich am Samstag darauf gefasst machen, dass die Rechten ein ganzes Stück militanter auftreten werden als in jüngerer Zeit von ihnen gewohnt.
■ Der Autor ist Redakteur für soziale Bewegungen Foto: W. Borrs