FDP-Arbeitspapier zum Ökostrom: Taktieren vor dem Tag X
Angesichts steigender Kosten drohen die Liberalen mit Einschnitten in die Grünstrom-Förderung. Sie locken den Verbraucher mit Steuersenkungen.
BERLIN taz | Für die Energiewende ist der 15. Oktober der Tag X. Die Netzbetreiber werden dann bekannt geben, wie viel die Verbraucher 2013 für die Förderung jeder Kilowattstunde Grünstrom zahlen müssen. Die Branche rechnet damit, dass die EEG-Umlage von 3,6 auf über 5 Cent steigen wird.
Die Zustimmung der Verbraucher zu erneuerbaren Energien könnte dahinschmelzen. Die FDP will am Tag X politisch punkten und präsentiert Vorschläge, wie der Strompreis möglichst wenig steigen könnte. Für die Erneuerbaren-Branche enthält das 16-seitige Papier einer FDP-Arbeitsgruppe dagegen deftige Keulenschläge.
Als Sofortmaßnahme will die Gruppe von Energiepolitikern um den niedersächsischen FDP-Umweltminister Stefan Birkner keine Mehrwertsteuer mehr auf die EEG-Umlage erheben oder die Stromsteuer „aufkommensneutral“ senken, wie es in dem Entwurf für das Abschlusspapier heißt. Würde die Mehrwertsteuer auf die EEG-Umlage entfallen, könnten die Strompreise um etwa 4 Prozent sinken.
Es sei aber nicht sichergestellt, ob derartige Maßnahmen überhaupt bei den Verbrauchern ankämen, erklärte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf Anfrage der taz. „Eine Absenkung der Stromsteuer oder der Umsatzsteuer steht daher auch aus diesem Grund nicht auf der Agenda des Finanzministeriums.“
Endkundepreis erhöht sich trotzdem
Doch selbst wenn sich der kleinere Koalitionspartner durchsetzen sollte: Wenn die EEG-Umlage um 1,5 Cent steigt, würde sich der Endkundenpreis trotzdem erhöhen – bloß weniger stark. Außerdem würde die Förderung bestehender Anlagen für 20 Jahre weiterlaufen. „An der EEG-Umlage würde sich erst mal gar nichts ändern“, sagt der Energieexperte der Verbraucherzentralen, Holger Krawinkel.
Die Liberalen wollen deshalb die Förderung erneuerbarer Energien radikal beschneiden. Wie bei der Photovoltaik soll auch bei anderen Erzeugungsformen wie der Windenergie jährlich nur noch eine begrenzte Menge in den Genuss der höchsten Fördersätze kommen, Solarmodule auf Dächern und andere Kleinanlagen würden ab sofort weniger Geld erhalten, und spätestens 2022 soll die Förderung von Grünstrom beendet werden.
Am folgenreichsten wäre das Kippen des sogenannten Einspeisevorrangs. Bisher müssen die Netzbetreiber jede Kilowattstunde Grünstrom in ihre Leitungen aufnehmen. Reicht der Platz im Netz nicht, müssen Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerke heruntergefahren werden. Erst wenn auch das ausgereizt ist, dürfen die Netzbetreiber in bedrohlichen Situationen auch Wind- oder Solarparks abschalten. Auf die Netzfirmen wächst deshalb der Druck, ihre Leitungen schnell für erneuerbare Energien auszubauen. Dieses Prinzip will die FDP umkehren.
In Gebieten mit Netzengpässen soll die Bundesnetzagentur den Einspeisevorrang für „neue Großanlagen“ pauschal aufheben dürfen. Als Konsequenz würden fossile Kraftwerke gegenüber den Erneuerbaren bevorzugt. Betreiber stillstehender Windparks müssten wahrscheinlich auch nicht mehr für die entgangene Einspeisung entschädigt werden, wie es aus Kreisen der Netzbetreiber hieß.
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