FBI will Tätowierungen auswerten: Big Brother is watching your tattoo
Retina-Scans waren gestern. Um Terroristen zu fangen, wertet das FBI künftig den Symbolgehalt von Tätowierungen aus – eine fragwürdige Methode.
BERLIN taz | Wie erkenne ich einen Terroristen? Die US-Marshalls der guten alten Zeit benutzten gezeichnete Steckbriefe um Bösewichter zu erkennen. Später kamen Fotografien und Fingerabdrücke hinzu.
Im 21. Jahrhundert setzen die Schurkenjäger auf biometrische Daten, wie Gesichtserkennung und Retina-Scans. Das reicht dem Federal Bureau of Investigation (FBI) und dem Ministerium für Innere Sicherheit der USA (DHS) nicht mehr. Der neuste Clou: Terroristenerkennung mittels des Symbolgehalts von Tätowierungen.
Am 13.Juli stellte das FBI an die Polizei und andere Behörden eine //www.fbo.gov/utils/view?id=b99338c437154084aa3cad63d9fa65d1:Anfrage zur Datenlage bezüglich „Tattoos und Symbolbildern und ihrer möglichen Bedeutung für die Zugehörigkeiten zu Gangs, terroristischen Vereinigungen und anderen kriminellen Organisationen“.
Die inhaltliche Bewertung von Körperschmuck durch die Bundespolizei wird in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stoßen, sie stellt eine klare Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar. Darüber hinaus befürchten Immigrantenorganisationen in den USA, dass die Bewertung von Tätowierungen auch zur Abschiebung unschuldiger Personen genutzt werden könnte. Das ist nicht unbegründet. Wie das Wall Street Journal berichtete, hat die Regierung Ehepartnern von US-Bürgern, die zwar keine Vorstrafen, dafür aber Tätowieungen hatten, die Arbeitserlaubnis (Green Card) verweigert.
Die Verlässlichkeit der Analysesysteme biometrischer Daten ist ein weiterer Schwachpunkt. Abgesehen von der mangelnden Genauigkeit, nimmt die Trennschärfe mit der Zeit ab. Wissenschaftler der Notre Dame University haben nachgewiesen, dass sich die Iris im Alter verändert, so dass Retina-Scan-Daten zur Personenerkennung wertlos werden. Gleiches gilt auch für Tätowierungen – ganz abgesehen von Sinn und Fragwürdigkeit einer „symbolischen Deutung“.
Auch dem US-Senat scheinen die bundespolizeilichen Maßnahmen zur Personenerkennung nicht ganz geheuer zu sein. Ein Ausschuss soll sich mit den rechtlichen Konsequenzen der FBI-Verfahren befassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner