: Extern Respekt, intern Zuversicht
Erstmals seit zehn Jahren gewinnen die DVV-Frauen gegen die USA. Dafür dürfen sie nun zum Grand-Prix-Finale
ROSTOCK taz ■ Ganz am Ende mussten dann auch noch die Vizeweltmeisterinnen dran glauben, und was sich da zutrug in der Rostocker Stadthalle, war doch eine Überraschung: Mit 3:2 (25:23, 21:25, 16:25, 25:17, 15:12) besiegten die deutschen Volleyballerinen die USA, und als es vollbracht war, freuten sich Publikum und Verbands-Entourage um die Wette. Die einen, weil sie ein durchweg spannendes Volleyballspiel gesehen hatten, die anderen, weil der deutsche Volleyball nun von höheren Weihen träumen darf: Der erste Erfolg gegen die USA seit zehn Jahren ermöglicht dem Team die Weiterreise nach Italien, wo die deutsche Auswahl beim Grand-Prix-Finale am nächsten Wochenende gegen Brasilien, Kuba, Italien, China und erneut die USA antreten darf.
Für den finanziell nicht eben auf Rosen gebetteten Deutschen Volleyball Verband (DVV) kein unwesentliches Zusatzschmankerl: Statt Ausgaben für ein Trainingslager in einer deutschen Sportschule, darf das Team nun auf Kosten des Weltverbands trainieren; 25.000 Dollar für die Teilnahme gibt es zudem.
Damit hatten die deutschen Volleyballerinas noch am Samstagmorgen selbst nicht gerechnet: Zum einen, das stand nach dem 3:1-Sieg der Russinnen zuvor gegen Thailand fest, würde nur ein Sieg über die USA zur Endrunde nach Italien führen, zum anderen zog sich die junge Stamm-Mittelblockerin Christiane Fürst (19) im morgendlichen Abschlusstraining eine Augenverletzung zu und musste passen. Allgemeiner Tenor deshalb: Ein Ende der Umherreiserei und ein paar freie Tage vor Olympia sind auch nicht schlecht. Und dann kam es doch anders, nämlich so: Die deutsche Startformation mit Tanja Hart im Zuspiel, Kathy Radzuweit als Fürst-Ersatz in derNetzmitte und Judith Sylvester als Diagonalspielerin gewann den ersten Satz mit 25:23. In den folgenden beiden Durchgängen punkteten die USA mit Sprungaufschlägen und Blockaktionen nach Belieben, das Publikum lehnte sich schweigend zurück, und das deutsche Team schien sich nach 21:25 und 16:25 demütig in die absehbare Niederlage zu fügen. Bundestrainer Hee Wan Lee wechselte Julia Schlecht (24) ins Zuspiel, Atika Bouagaa (22) auf die Diagonalposition und Christina Benecke (30) als Mittelblockerin für die fehlerhafte Kathy Radzuweit (22). Und plötzlich ward aus dem dösigen Sextett eine willensstarke Gemeinschaft, in der Benecke meisterhaft blockte und intelligent spielte und Bouagaa den Ball bei Aufschlägen wie Angriffen ins Feld der konsternierten US-Frauen prügelte. Auch im Tie-Break gelang es den bis auf Prikeba Phibbs (35) in Bestbesetzung spielenden USA nicht mehr, die begeistert aufspielende Auswahl des DVV unter Kontrolle zu bekommen.
Erniedrigt bis gedemütigt agierte anschließend auch US-Trainer Toshiaki Yoshida bei der 25 Sekunden währenden Pressekonferenz vor leeren Stühlen. Während die deutschen Journalisten fröhliche Interviews mit den Siegerinnen führten, stapfte der kleine Verlierer schnurstracks durch die Gänge ins Medienzentrum, hinauf aufs Podium und verkündete: „Meine Mannschaft spielte nicht gut.“ Dann erhob er sich und verschwand im Bus des US-Teams.
Die heisere Angelina Grün plauderte derweil mit ihrem nuschelnden Trainer am selbem Ort sichtlich gelöst über die aus dem Sieg abzuleitenden Olympiachancen der Deutschen. Routiniert blockten die beiden überzogene Forderungen nach Medaillen in Athen ab und gaben diese Version bekannt: Siege wie der gegen die USA verschaffen dem teils noch jungen deutschen Team extern Respekt und intern Zuversicht.
Aus den ersehnten freien Tagen aber wird nun nix. Bereits gestern reiste das Team nach Italien weiter, um dort am Donnerstag gegen Kuba anzutreten. Doch auf den Spielplan beim Grand Prix-Finale will DVV-Trainer Hee Wan Lee keine Rücksicht nehmen: „Im Training werden konditionelle Aspekte im Vordergrund stehen. Wenn die Mädchen dann abends noch gewinnen, ist das prima, aber unser Fokus liegt auf einem guten Ergebnis in Athen.“ OLIVER CAMP