: Expo 92: Spektakel der Superlative
■ 18 Millionen Besucher sind nötig, um die immensen Kosten der Rekordschau zu decken
Die „Universale Weltausstellung Sevilla 92“, die gestern ihre Pforten öffnete, ist eine Veranstaltung der Superlative. 110 Staaten und die höchste Teilnehmerzahl aller bisherigen Weltausstellungen haben unter dem Thema: „Die Ära der Entdeckungen“ Pavillons errichtet, in denen sie das Herausragendste ihrer jeweiligen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darstellen wollen. Auf dem 215 Hektar großen Gelände der Isla de la Cartuja, einer Sevilla vorgelagerten Insel, der ein Kartäuserkloster den Namen gegeben hat, stehen neben einem riesigen Holzpalast aus Japan ein moderner Kasten aus Italien, ein kirchenartiges Gebäude aus Ungarn sowie ein hohes Hängezelt Marke Siemens aus Deutschland. Neben den 63 Pavillons der einzelnen Staaten gibt es eine Reihe von Gebäuden internationaler Firmen, dazu Ausstellungsgebäude wie „Pavillon der Energie“, „Pavillon der Telekommunikation“ oder „Pavillon der Zukunft“, die von mehreren Teilnehmern bestückt werden und das Neueste auf ihrem Gebiet zeigen sollen. Dazwischen ziehen sich Fußgängerwege, die von Pergolas überhangen und von Springbrunnen gesäumt sind, um die Besucher vor der mörderischen Hitze des andalusischen Sommers zu schützen. 26.000 Quadratmeter Wasserfläche hat die Expo zu bieten — zahlreiche Wasserfälle und Teiche nicht mit eingeschlossen.
Wenn es nach den Planern geht, so wird eine Rekordzahl von 18 Millionen Besuchern die Expo besuchen; und die sind auch nötig, um die immensen Unkosten in Höhe von umgerechnet cirka drei Milliarden Mark wieder reinzuholen, die die Expo dem spanischen Staat bereitet hat. Die spanische Regierung hat sich nicht lumpen lassen, um die Besucher in die abgelegene Metropole im äußersten Süden des Landes zu locken. Am heutigen Dienstag wird der Hochgeschwindigkeitszug AVE eingeweiht, der künftig die Eisenbahnstrecke Madrid-Sevilla — für die ein herkömmlicher Zug zwölf Stunden braucht — in drei Stunden zurücklegen wird. Anläßlich der Expo hat Sevilla einen neuen Bahnhof bekommen, der Flughafen wurde erweitert, und am Sonntag wurde der Autobahnring rund um die Stadt eingeweiht. Von Sevilla aus kann die Besucherin einen der 40.000 Parkplätze der Expo belegen, mit dem Zug einfahren, mit dem Helikopter einfliegen oder über eine der acht neuen Brücken über den Guadalquivir wandern, die Sevilla mit der Isla de la Cartuja verbinden.
Auf dem Ausstellungsgelände können die Besucher nicht nur Pavillons durchstreifen, sondern darüber hinaus werden bis zur Schließung der Expo insgesamt 55.000 Veranstaltungen stattfinden, von Opernaufführungen bis zu Flamencokonzerten. Dazwischen kann in 96 Restaurants gespeist und in 150 Läden eingekauft werden. Die Expo: eine Welt für sich. Dem andalusischen Lebensgefühl und den hochsommerlichen Temperaturen entsprechend wird die Expo erst nachts um vier schließen — nur, das Schlafengehen dürfte für die meisten schwierig werden: Das einzige Hotel auf dem Expo-Gelände selbst ist mit einem Übernachtungspreis von umgerechnet etwa 1.000 Mark nur wenigen Auserwählten vorbehalten. Wie überhaupt das Nächtigen für Besucher mit schmalem Geldbeutel teuer wird. Denn die Hoteliers von Sevilla haben trotz mehrfacher Aufforderungen der Behörden, bei der Gestaltung der Preise Mäßigung zu üben, kräftig zugelangt.
Am 12.Oktober geht die längste, größte und letzte Weltausstellung in diesem Jahrhundert zu Ende. Was davon bleibt außer einem Kater, bleibt abzuwarten.
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