piwik no script img

Experte über die EU und den Osten"Die EU hat keine Strategie"

Osteuropa-Experte Cornelius Ochmann fordert, die Östliche Partnerschaft der EU verstärkt als Forum für zivilgesellschaftlichen Dialog zu nutzen.

Die Außengrenze der EU: Der Grenzübergang Krakovets, die Verbindung zwischen Polen und der Ukraine. Bild: reuter
Interview von Barbara Oertel

taz: Herr Ochmann, am Donnerstag beginnt in Warschau das zweite Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft zwischen der EU und sechs ehemaligen Sowjetrepubliken. Sie wurde gegründet, um den Transformationsprozess in den beteiligten Staaten zu unterstützen und diese an EU-Standards heranzuführen. Doch statt einer Demokratisierung verstärken sich autoritäre Tendenzen. Ist das Projekt gescheitert?

Cornelius Ochmann: Leider wurde bislang nichts Konkretes erreicht. Weder gab es Fortschritte bei der Liberalisierung der Visavergabe noch wurden neue Abkommen geschlossen. Jetzt rächt sich, dass die EU bei der Gründung der Östlichen Partnerschaft keine Strategie hatte.

Besonders die Ukraine galt als Pilotprojekt, der Abschluss eines Assoziierungsabkommens war noch für dieses Jahr geplant. Jetzt sitzt die Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko in Haft, Beobachter sprechen von einem politischen Prozess …

Was die politische Entwicklungen in der Ukraine anbetrifft, haben sich die Erwartungen nicht erfüllt. Dennoch darf dieses Projekt nicht von einer Regierung abhängig gemacht werden. Auch Präsident Wiktor Janukowitsch wird einmal abtreten. Kiews Wirtschaftskurs orientiert sich zunehmend an Europa. Und das ist eindeutig ein positives Ergebnis der Partnerschaft.

In Weißrussland sitzen immer noch Regimekritiker im Gefängnis. Einige wurden gefoltert. Hätte man Weißrussland vom Gipfel ausladen sollen?

Bild: Bertelsmann-Stiftung
Im Interview: Der Interviewte

Cornelius Ochmann, 47, ist Politologe und Osteuropaexperte bei der Bertelsmann-Stiftung. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Russland, EU-Osterweiterung und Östliche Partnerschaft.

Ein solches Signal würde nichts bringen. Veränderungen werden in Weißrussland nur stattfinden, wenn die EU mit allen Seiten spricht. In der weißrussischen Zivilgesellschaft ist einiges in Bewegung. Diesen Prozess muss die EU unterstützen.

Östliche Partnerschaft

Sie wurde 2008 auf Initiative Polens mit Unterstützung Schwedens als ein Projekt im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik gegründet. Ziel ist es, die sechs früheren Sowjetrepubliken Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Ukraine und Weißrussland bei ihrem Transformationsprozess zu unterstützen und enger an die EU zu binden. Dafür stehen bis 2013 rund 600 Millionen Euro zur Verfügung. Am Donnerstag und Freitag findet das 2. Treffen der Partnerschaft in Warschau statt.

Wie könnte sich die Rochade Medwedjew-Putin in Russland auswirken?

Diese Länder gucken immer noch sehr genau nach Russland. Man spricht ja nicht zufällig von einer Putinisierung der Ukraine. Daher ist zu befürchten, dass der jüngste Moskauer Machtwechsel ohne Wahlen auch woanders Schule machen könnte. Gerade deshalb kommt es darauf an, dass die EU stärker auf zivilgesellschaftliche Kooperation setzt: Austauschprogramme für junge Menschen und Öffnung der Universitäten. Das ist eine Investition in die Zukunft und dafür ist die Östliche Partnerschaft als Dialogforum wichtig.

Was erwarten Sie von dem Treffen in Warschau?

Es wird keinen Durchbruch geben. Aber wir müssen den Menschen klarmachen, dass Europa weiter ein Partner ist. Dabei geht es nicht nur um Geschäfte, sondern darum, dass die dortige Bevölkerung als Teil Europas wahrgenommen wird. Die Visapolitik müsste dringend liberalisiert werden. Aber ich glaube nicht, dass es jetzt dazu kommt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • B
    bull

    Macht Euch nichts draus.Die Balkanvölker haben ähnlich wie die Afghanen schon ganz andere in den Ruin getrieben.Jetzt werden Sie halt die EU ruinieren.

  • B
    Benz

    Lange Zeit hatte die EU ein höchst erfolgreiches Exportprodukt: Ideologie. Gerade in Osteuropa war nach dem Zusammenbruch des Sozialismus die Ideologie der EU- Neoliberalismus, freie Märkte, freier Kapitalverkehr usw.- sehr gefragt. Die EU wurde als Herrgott und Heiland gesehen.

     

    Dann aber tratt Ernüchterung ein. Die Osteuropäer merkten, dass auch in der EU vieles nur schöner Schein ist, dass auch die EU keine Patentlösungen parat hat. Und seit Ausbruch der Finanzkrise brennts in der EU selbst an allen Ecken und Enden. Vom einstigen schönen Schein ist nicht mehr viel übriggeblieben.

     

    Die EU macht nun im Osten die neue und sehr unangenehme Erfahrung, dass man sie nicht mehr als Heilsbringer sieht, dass nicht mehr alle Länder so schnell wie möglich Mitglied werden wollen, sondern hinterfragen und mit Kritik nicht sparen. Es zeigt sich immer mehr, dass die EU gar nicht soviel zu bieten hat. Der Euroverdruss wächst in alten potentiellen Mitgliedstaaten. Das überfordert manchen der einst so selbstherrlichen Brüsseler Beamten.

  • S
    Silvia

    fuzzi der bertelsmannbrigarden sais what?keine strategie und es geht nicht ums geschäft?ok dann liefere ich jetzt die strategie fürs geschäft:pass auf:

    Die TAZ GenossInnen werfen ihr Vermögen zusammen und lassen über die TAZ einen Trader vom zusammenbrechendem Markt profitieren-da kommt ein hübsches Sümmchen zusammen-was macht man denn dann mit soviel Geld? nicht teilen,sondern je Anteil auszahlen lassen und in die hiesige wirtschaft zurückfliessen lassen-ist moralisch völlig in Ordnung ihr macht ja nur das was die Bertelsmannbrigarden nicht tun...hahahaha oder?oder die TAZ gründet eine Stiftung um Steuern zu sparen und unterhält daraus alle möglichen medien zentral zusammen,um alle möglichen informationen möglichst TAZig zu machen-sowas macht bertelsmann ja schliesslich auch nicht...macht einfach alles,was bertelsmann nicht macht-super strategie oder?