: Experimentierbühne Wandsbek
■ Tele-Faxen im Bezirksparlament: Plötzlich fehlt Rotgrau die Mehrheit
Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wenn die Herren Peter Petersen und Mario Mettbach ein wenig großzügiger wären. Wenn die beiden Abgeordneten der Statt Partei im Wandsbeker Bezirksparlament ihrer Fraktionskollegin Gudrun Christine Peters zum Beispiel ein Telefaxgerät spendiert hätten. Haben sie aber nicht. Weshalb dem kleinen feinen Parlament im Osten Hamburgs gar Fürchterliches droht.
Chaos, Anarchie, Rotgrün, wechselnde Mehrheiten. O Graus, O Graus. Mag sein, daß es noch schlimmer kommt. Wenn sich zum Beispiel die Befürchtungen des Statt Politikers Achim Reichert bestätigen, der Übles wittert. Wandsbek, so orakelt der graue Bürgerschaftler, Wandsbek dürfe nicht zur „Experimentierbühne für schwarzgrüne Illusionen“ werden. Fehlt doch im Wandsbeker Bezirksparlament seit gestern das Nonplusultra demokratischer Regierungsformen: die „verläßliche“ Mehrheit.
Wegen Mettbach und Petersen, sagen die einen. Wegen Gudrun Christine Peters, meinen die anderen. Die hat sich nämlich aus dem Staub gemacht, die graue Fraktionsgemeinschaft verlassen und sich ihr Mandat fest umklammert als „Hospitantin“ der CDU angeschlossen. „Wegen unüberwindbarer Schwierigkeiten“, wie sie mitteilt und darüberhinau beklagt „keine regelmäßige Post aus dem Fraktionsbüro“ erhalten zu haben. Ein Faxgerät hätte da wohl Wunder wirken können. Obwohl, so heißt es in allen Ecken des Wandsbeker Rathauses, die Herren Mettbach und Petersen ohnehin ausgesprochene Stinkstiefel seien, eine Zusammenarbeit mit und ohne Fax gleichermaßen unerfreulich.
Wie dem auch sei, fest steht, daß der rotgrauen Koalition in Wandsbek ohne Peters eine Stimme fehlt, rechnerisch nunmehr GAL und CDU über die Mehrheit verfügen. Was zum Beispiel Ole von Beust freut, künftiger Bürgermeisterkandidat der CDU und auch noch Chef der Wandsbeker Union. Er seilte sich gestern eigens vom Rathaus auf die Kreisebene ab, um Gudrun Christine Peters willkommen zu heißen. Und stolz zu verkünden, daß sich Wandsbek nunmehr auf „eine Zusammenarbeit des gesunden Menschenverstands“ freuen dürfe. Wer in Wandsbek gesund, krank oder zumindest verständig ist, darüber schwieg von Beust. Vielleicht auch, weil ihn sein Parteifreund Gerhard Fuchs zuvor mit der Forderung nach einer „stabilen Mehrheit“ ein wenig verwirrt hatte. Auch Fuchs, Unions-Fraktionschef im Wandsbeker Rathaus, verzichtete auf eine exakte Definition dieser Stabilität, lobte aber schon mal die Grünen aufs Heftigste.
Was wiederum die GAL in Probleme stürzt, bei der sich manche eine Zusammenarbeit mit der Union vorstellen könnten, manche aber auch nicht. „Ein wenig ratlos“ sei die Fraktion, sagt ein Ortsgrüner und fügt hinzu, daß möglicherweise die GAL auch mit der SPD .... Oje, wer soll da noch durchsteigen?!
Da ist es schon gut, daß sich im Wandsbeker Chaos zumindest noch eine feste Größe finden läßt: Die Sozialdemokratie. Mehrheit hin, Mehrheit her – „wir werden unsere an der Sache orientierte Arbeit in aller Ruhe forsetzen,“ ließ die SPD wissen. Via Fax. uex
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