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Ex-Senatorin als Zeugin vor GerichtRisikofaktor im Bankenskandal

Exfinanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) hat ein schlechtes Gedächtnis, wenn es um ihre Mitverantwortung im Bankenskandal geht. Heute soll sie aussagen.

Ende November sollte Annette Fugmann-Heesing (SPD) zum ersten Mal als Zeugin im Prozess gegen Ex-CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky und elf weitere ehemalige Vorstände der Bankgesellschaft Berlin aussagen. Doch merkwürdigerweise konnte sich die einstige Finanzsenatorin nicht so recht an ihre Zeit im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft erinnern - obwohl sie sich lange als eine wahrhaft kritische Aufseherin verstanden wissen wollte. Man darf gespannt sein, ob sie am heutigen Montag mehr preisgibt: Sie ist erneut als Zeugin geladen.

Landowsky und Co. sind wegen Untreue im Zusammenhang mit zwei Immobilienfonds angeklagt. Beide gehören zu den berüchtigten "Sorglos-Fonds" der Berliner Bankgesellschaft. Den Anlegern wurden umfangreiche Garantien gegeben: zum Beispiel eine 25 Jahre währende Mietgarantie sowie die Garantie, erworbene Fondsanteile nach 25 Jahren zu 100 Prozent des Kaufpreises zurückgeben zu können. Was für die Anleger praktisch kein Risiko bedeutete, führte zu einer Anhäufung von Risiken bei der Bank. Denn in den Fonds waren auch Schrottimmobilien untergebracht. Letztlich musste die Bankgesellschaft selbst für die Renditen aufkommen. 2001 waren diese Fonds eine der Ursachen der existenzbedrohenden Krise der Bankgesellschaft - und in der Folge des Bruchs der CDU-SPD-Koalition.

Die Frage im Prozess ist, ob den Vorständen der Bankgesellschaft nachgewiesen werden kann, dass ihnen dieses Risiko bewusst war. Die Ankläger hatten sich von der ersten Aussage Fugmann-Heesings Erkenntnisse darüber versprochen, was im Aufsichtsrat über Risiken der Fonds besprochen worden war. Doch die Zeugin, die von 1996 bis 2000 im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft saß, gab vor Gericht an, dass sie eine Aussagegenehmigung des Senats brauche; zudem verwies sie auf Erinnerungslücken. Ihre Aussage wurde daraufhin auf den 13. Dezember verschoben.

Dabei hatte sich Fugmann-Heesings vor einiger Zeit weniger wortkarg gegeben. Vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die Bankgesellschaft 2004 erinnerte sie sich zumindest daran, dass sie ihre Kontrollfunktion in einem großen Umfang wahrgenommen habe: "Und ich war die Kritischste in Bezug auf diese Fonds", heißt es im als "vertraulich" eingestuften Protokollteil ihrer Vernehmung.

Ein paar Zeilen weiter wird allerdings klar, wie unkritisch Fugmann-Heesing ihre Aufgabe tatsächlich wahrnahm: Sie verließ sich einfach auf die Aussagen der Vorstände der Immobilientochter der Bankgesellschaft, die die Fonds auflegte. Immerhin erklärten diese schon 1997, keine weiteren Fonds mit Mietgarantien mehr aufzulegen zu wollen - was dann aber dennoch geschah. Fugmann-Heesing hierzu: "Wenn ein Vorstand einer Tochtergesellschaft in einem Aufsichtsrat eine dezidierte Aussage macht und sagt, das ist unsere Geschäftspolitik für die Zukunft, dann kann ich davon ausgehen, dass das Aufsichtsgremium diese Geschäftspolitik für die Zukunft umsetzt."

Die später so problematischen Mietgarantien waren in den Werbeprospekten der jeweiligen Fonds aufgeführt. Diese Prospekte wiederum waren jedermann zugänglich. Nur Fugmann-Heesing hat sie offenbar nicht gelesen: "Wenn es in Berlin Fondsprospekte gibt, dann können Sie, nur weil es diese Fondsprospekte in Berlin gibt, nicht sagen, dass das der Aufsichtsrat wissen muss."

Vielleicht hätte sich die Senatorin ein Beispiel am Landesrechnungshof nehmen sollen. Denn obwohl das Fondsgeschäft nicht zu seinem Kontrollbereich gehörte, besorgten sich Mitarbeiter Fondsprospekte, machten die darin angegebenen Garantien als Risikofaktor aus und wiesen Bankgesellschaft und Senat auf mögliche Probleme hin.

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