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Ex-Gewerkschafter Hansen geht zur BahnDer Privatisierungsprofiteur

Norbert Hansen, Chef der Bahngewerkschaft Transnet, tingelte während des Streiks als moderater Gewerkschafter durch die Talkshows. Jetzt wird er Arbeitsdirektor der Bahn AG.

Transnet-Vorsitzender Norbert Hansen im November 2007. Bild: dpa

Die Geschichte der umstrittenen Bahnprivatisierung muss vielleicht neu geschrieben werden. Kaum ist das Vorhaben der großen Koalition beschlossene Sache, wechselt Norbert Hansen, Chef der Bahngewerkschaft Transnet, die Seiten: Er wird hoch dotierter Arbeitsdirektor der Deutschen Bahn AG. Zuvor hatte der 55-Jährige, dem ein gutes Verhältnis zu Bahnchef Hartmut Mehdorn nachgesagt wird, seine Gewerkschaft auf Linie gebracht und innerhalb der SPD die Privatisierungsgegner an den Rand gedrängt. Seine Argumentation dabei: Die Privatisierung sei nicht zu verhindern, und nur ein starker integrierter Konzern könne auf Dauer Beschäftigung sichern. Hatte er, als er so redete, vielleicht schon seine künftige Karriere als Bahnmanager im Kopf?

Nach seiner Ausbildung zum Jungwerker und später zum Bahnassistenten wurde der gebürtige Husumer 1976 Chef des Personalrates des Bahnhofes Büchen. Drei Jahre später begann seine Karriere in der damaligen Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands, der Transnet-Vorgängerin, in Hamburg. 1991 stieg er zum Bezirksleiter auf. Fünf Jahre später war er stellvertretender Vorsitzender und 1999 Transnet-Chef. Auf diesem Posten setzte er den Kurs der Gewerkschaft fort, den Arbeitsplatzabbau beim Staatsunternehmen Bahn kooperativ mitzutragen.

Das zahlte sich aus: Rangierte die Eisenbahnergewerkschaft zunächst bei den Lohnrunden in der Regel am unteren Ende der Gewerkschaftsskala, gelang Hansen im vergangenen Jahr ein überdurchschnittlicher Lohnabschluss. 4,5 Prozent mehr Lohn erhalten die Bahner. Kritiker meinten aber, die Bahn habe sich mit diesem Abschluss die Zustimmung der Gewerkschaft zur umstrittenen Privatisierung erkauft.

Hansen repräsentierte einen ganz besonderen Gewerkschaftertyp: den des Ko-Managers, der stets das vermeintlich kleinere Übel sucht, aber auch beharrlich seine Ziele verfolgen kann. Seit Jahren gestaltet Hansen, der stellvertretender Bahn-Aufsichtsratschef ist, auch die Arbeitsverdichtung beim ehemaligen Staatsbetrieb Bahn mit - immer betonend, damit Schlimmeres wie Entlassungen zu verhindern.

Durch seinen Wechsel auf den Posten des Arbeitsdirektors werde "eine weitere Garantie für den integrierten Konzern und für die Sicherung der Beschäftigung abgegeben", begründete Hansen am Donnerstag seinen Seitenwechsel. Die Initiative für diesen war laut Hansen vom Aufsichtsratschef der Bahn und Politikern ausgegangen. Der Geschäftsführende Transnet-Vorstand habe seine Entscheidung begrüßt und werde die Ernennung durch den Aufsichtsrat unterstützen.

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10 Kommentare

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  • AN
    Axel Nolte

    Überläufer! oder besser "Bahn-Trojaner" wie nachzulesen auf den Seiten "Bahn für alle".

     

    Aber es gibt auch Ermutigendes von der Transnet-Basis: transnet-Vertrauensleute im Bezirk Nord-Ost üben heftige Kritik am wechsel Hansens in den Vorstand der Bahn und fordern deshalb den Rücktritt des gesamten Transnet-Vorstandes.

    Wer gerade jetzt erst recht gegen die Verscherbelung der Bahn mit allen ihren Folgen protestieren und unterschreiben möchte findet auf den Seiten von "Bahn für alle" diverse Möglichkeiten und interessante Informationen.

    http://www.bahn-fuer-alle.de

    Auch der taz-redaktion sei diese Homepage aufs Wärmste ans Herz gelegt!

     

     

     

     

    An der Basis der Bahn-Gewerkschaft Transnet gibt es heftige Kritik an dem geplanten Wechsel ihres bisherigen Vorsitzenden Norbert Hansen in den Vorstand der Bahn. Vertrauensleute der Gewerkschaft im Bezirk Nord-Ost forderten deshalb in einem vom Bündnis Bahn für Alle veröffentlichten Schreiben den Rücktritt des gesamten Transnet-Vorstands.

  • N
    Nadi

    Das Ganze entlarft sich selbst: Wäre Hansen hart in der Sache gewesen, käme er für diesen Posten gar nicht in Frage. Wer holt sich schon einen harten Brocken ins Haus? Aber Hansen war eben lieb und das haben die Leute unten, die wirklich bei der db rumrennen und arbeiten, deutlich in ihrem Portemonaie gespürt. Hansen ist wieder ein Nagel im Sarg der Arbeiterbewegung. Aber vielleicht ein kleiner schillernder Nagel

  • J
    jimmygjan

    Diätenerhöhung, Steuererhöhung,Abzocken der Manager, Korruption a la Siemens u.a., Netzwerkgünstlinge wo man nur hin schaut. Wir sind tatsächlich eine Bananenrepublik! Wenn mir dieses vor ca. 35 Jahren erklärt hätte, wie in Deutschland so alles "funktioniert", ich hätte denjenigen für verrückt erklärt und als Phantasten titulert. Ich hätte meine "Hand ins Feuer für Deutschland" legen können, ich geschworen, dass so etwas in Deutschland nie geben wird. Ich hätte erklärt, in Deutschland doch nicht, wie leben doch nicht in Südamerika!

     

    Die Realität sieht leider anders aus. So ist es doch auch kein Wunder, dass sich immer weniger mit diesem Staat identifizieren. Wenn ich dann noch die "Betroffenheitsgesichter" a la Steinbrück sehe, die sich dann darüber auch noch aufregen, dass immer mehr Deutschland den Rücken kehren, um nicht auch noch vom Staat abgezockt zu werden, fehlt mir jedes Verständnis.

     

    Nur in einem derartigen "Klima" ist es überhaupt möglich, dass ein Gewerkschaftler die Seite zum Arbeitgeberlager wechselt. Mir wird schlecht.... und dieses ist noch freundlich ausgedrückt!

  • S
    Stefan

    4,5% sind falsch tatsächlich erhalten die meisten Eisenbahner nur 2,275%dies ergibt sich daraus das andere Bezüge abgeschmolzen wurden. Der Reallohnverlust eines Zugbegleiters seit amtsantritt (Tr)Hansens liegt bei 22,175% Das der DGB damals gegen den Vorstoß der GDL war zeigt nur das die Korruption dort als selbstverständlich gilt und das man sich nicht schämt diese auch in der Öffentlichkeit zu Vertreten.

  • DW
    die Wahrheit

    Judas

    Laut Bibel gab es für so ein Verhalten nur 30 Silberlinge. Heute bekommt man einen hochdotierten Posten im Unternehmen. Tja, die Inflation.

  • HO
    Horst Ostendorf

    Das ist doch ein blödpopulistischer "Aufmacher", denn die leitenden Posten aller Gewerkschaften sind doch schon lange mit korrumpierbaren Handlangern der Profitler besetzt.

  • D
    Dowanda

    Na, was guckt denn da aus dem verlängerten Rückgrat von Hartmut Mehdorn raus? Wenn das nicht die Zehen von Nobert Hansen sind?!?!

  • OB
    Otto Biira

    kein Kommentar!

  • HB
    Hillie Billy

    Ein Schalk, der Böses dabei denkt.

  • C
    chw

    Kein Wunder, wenns mit den "klassischen" Gewerkschaften immer weiter bergab geht.

    Obacht aber auch gegen die "neuen", ziemlich offen von den Arbeitgebern gesponsorten "Gewerkschaften".

    Aber solange sich die "Führungen" gegen "Linke" abgrenzen (damit mein ich keine Partei), weiter das Hohelied der verlogenenen "sozialen Marktwirtschaft" und Hartz IV singen, sind wohl solche "Karrieren" möglich, der einfache Arbeitnehmer reibt sich die Augen.

    Wann werden endlich mal alle wach?

    Aber, wenn arbeitslos, vielleicht ein vor der Arbeitsagentur beworbendes Engagement in Afghanistan?

    Hauptsache, unsere MdBs kriegen wieder eine Diätenerhöhung pro Monat, von der jeder "Hartzler" einen Monat lang leben muß und kontrolliert und gedängelt wird.