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Ex-Arcandor-Vorstand MiddelhoffMiethaifischiger Exmanager

Ex-Vorstandschef Thomas Middelhoff hat den Arcandor-Konzern ordentlich heruntergewirtschaftet. Jetzt droht ihm ein Ermittlungsverfahren, weil er ordentlich mitkassiert hat.

Hat Arcandor teure Mieten zahlen lassen. Bild: dpa

Sicher nicht besenrein" habe er den Arcandor-Konzern mit seinen Marken Karstadt, Quelle und Thomas Cook übergeben, räumte der Exvorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff zwei Monate nach seinem erzwungenen Abgang im Februar 2009 ein.

Heute klingt der seltene Anflug von Selbstkritik des Topmanagers wie ein schlechter Witz: Arcandor steht unmittelbar vor der Pleite - und die Staatsanwaltschaft Essen prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den 56-Jährigen.

Denn mit seiner Frau, einer Architektin, hält Middelhoff Beteiligungen an Immobilienfonds, die von der Privatbank Sal. Oppenheim und dem Troisdorfer Projektentwickler Josef Esch aufgelegt wurden. Noch vor dem Einstieg des promovierten Betriebswirts bei Arcandor hatte der Konzern, damals noch als "KarstadtQuelle", fünf Gebäude bei dem Fonds angemietet - zu überzogenen Preisen: Über 42 Millionen Euro im Jahr muss Arcandor allein für die fünf Häuser überweisen.

Im Gegenzug sollte Esch wohl den Einstieg von KarstadtQuelle ins Immobiliengeschäft absichern - was nicht geschah. Über 110 Millionen Euro schuldeten Eschs Fonds Arcandor deshalb, berichtet der Spiegel und alarmierte so SPD-Justizministerin Zypries, auf deren Initiative sich die Staatsanwälte erst in Bewegung setzten.

Middelhoff, Vater von drei Söhnen und zwei Töchtern, war bei Arcandor im April 2005 auf Druck der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz vom Aufsichtsratschef zum Vorstandsvorsitzenden aufgestiegen. Offenbar verzichtete er auf eine Klage gegen die Fonds, an denen er selbst beteiligt war. Stattdessen verkaufte der heute als Unternehmensberater Tätige Arcandors gesamten Immobilienbesitz - und schuf so einen der Hauptgründe für die hohen Defizite der Karstadt-Warenhäuser.

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4 Kommentare

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  • R
    rüpel

    Die Unverfrorenheit, mit der diese "leitenden Angestellten" Unternehmen ausplündern, ist grenzenlos. Eine Justiz, die diese Typen nicht knallhart verurteilt, hat jedes Maß für Gerechtigkeit verloren. Ich bin auf den Prozess, wenn er je kommen wird, gespannt.

  • M
    Martin

    Middelhoff, noch einer ...

    Eine RAF ist heutzutage nicht mehr denkbar. Denn die Masse ihrer potentiellen Opfer ist unüberschaubar geworden. Sie würde bereits an der Qual der Wahl verzweifeln.

  • M
    Michael

    Ich bin in einem unglaublich altmodischen Familienunternehmen großgeworden, wo auch ohne "Corporate Governance" Mitarbeitern in jeder möglichen Form geholfen wurde, mit Firmenkapital verantwortungsvoll für die nächste Generation umgegangen wurde. Die Geschäftsleitung ist nicht mit Ehrendoktorwürden und Vorbildpreisen aus Bayreuth und Leipzig (Biografie Middelhoff) ausgestattet worden, und es gab auch keine Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, weil irgendjemand verantwortungslos mit Geld (und Menschen) umging. Konzerne, die sich selbst nicht mehr organisieren können und keine andere Identität mehr haben außer die der Macht, können keine guten Produkte herstellen. Sie scheinen Elend zu fabrizieren, für die ganze Volkswirtschaft. Ich finde, ein Bewußtsein für kleinere Einheiten und mehr Vielfalt, familiäre und regionale Strukturen ist viel gesünder: das Angebot der kleinen Firmen ist heute viel interessanter als der ganze Schrott in Hektolitern und Megatonnen. Wer billig kauft, kauft mehr, wer Qualität kauft, kann mit weniger auskommen, meine ich.

  • JK
    Juergen K.

    Die Möglichkeiten Geld von einem Unternehmen ins andere zu schieben sind unergründlich.

     

    Der Amtliche Hinweis auf "darf mit sich selbst Geschäfte machen" bei Eintragung schon, lässt hellhörig werden.

     

    Jede Klitsch, die 2 Unternehmen in einem Gebäude beinhaltet weiss das. Noch mehr deren Angestellte.

     

    Allein auf die 50 000 geschätzten und kolportierten Karstadt Angestellten entsprechen die 42 Mio etwa 1 000 pro Person.

     

    Noch schlimmer : Auf diese Beträge werden kein sozialleistungen abgeführt.

     

    Denn werden sie auf Gehälter nur abgeführt, nicht etwa wie beim grundeinkommensmodell auf der erzeugten Mehrwert respektive bei Handel auf den Umsatz.

     

    Erzeugter Mehrwert und Umsatz dienen also NUR in Bruchteilen der Allgemeinheit.

     

    Der Ertrag, der durch Vorenthaltung des "Sozialanteil" den "Staat scheinbar als zu fett"

    erscheinen lässt dient zur Spekulation und Manipulation.

     

    Auswirkungen hatte das freilich auch auf die Umgebung der Miethai-Häuser. Wurden da doch komplette Innenstädte zu Luxusplätzen.

     

    An denen sich kleine und kleinste Unternehmen kaum noch niederlassen.

     

    Die Strukturen sind nahezu in allen Städten gleich: Ein Karstdt, ein Douglas, ein Bäcker.

     

    Nicht nur die Krise kommt jetzt beim Bürger an, jetzt kommt auch an, wo der Aufschwung angekommen war.

     

    Es ist unerträglich, dass Sozialleistungen auf Gehälter und Löhne abgeführt werden,

    nicht aber auf allen erzeugten Mehrwert oder Umsatz.

     

    Schliesslich haben die Arbeiter und Angestellten ALLES produziert. Und entsprechend sollte auch ALLES in ihre Vorsorge einfliessen.