Evolution der Schreibtastatur: „QWERTZUIOPÜ“
Seit über 130 Jahren folgt das W dem Q und E steht vor R. Experimentiert wurde auch mit anderen Anordnungen. Geschichte eines Erfolgsmodells.
Das frühe Industriezeitalter mit seinen schnaufenden Dampfmaschinen ist längst Vergangenheit. Doch wir tippen immer noch wie Anfang des 19. Jahrhunderts, als die ersten Schreibmaschinen gebaut wurden. Damals war das Tippen anstrengend und laut, auf Tastendruck pressten Hebel die Form der Buchstaben gegen ein Band mit Druckerfarbe, hinter dem ein Blatt Papier eingespannt war, auf dem dann der Abdruck zu sehen war.
Zunächst waren die Buchstaben auf den klobigen Tastaturen alphabetisch angeordnet, doch die kleinen Hebel in den Geräten sollen sich beim Tippen häufig verhakt haben, wenn sie nebeneinander lagen. Den amerikanischen Journalisten und Erfinder Christopher Latham Sholes brachte das vermutlich auf eine Idee.
Um 1870 soll er die häufigsten Buchstabenkombinationen in der englischen Sprache wie „th“ und „he“ auf die gesamte Tastatur verteilt haben. Die weniger häufigen Lettern setzte er dazwischen, die Hebel verhakten sich dadurch seltener. Dieser Theorie zufolge kam also zuerst die Mechanik und dann der Tipper. Eine weitere Anekdote besagt, dass Sholes bei der Belegung der Tasten darauf geachtet hat, dass man das Wort „Typewriter“ mit der ersten Reihe der Tastatur schreiben kann.
Diese seit Jahrzehnten geltende Begründung für die Anordnung der Buchstaben stellen zwei japanische Forscher der Universität Kioto infrage. In einem Aufsatz aus dem Jahr 2011 vermuten Koichi Yasuoka und Motoko Yasuoka, dass die merkwürdig anmutende Reihenfolge der Tasten nicht auf mechanische Probleme zurückgeht, sondern auf die Nutzung durch Telegrafisten.
Diese sollen als erste Nutzer der Schreibmaschine über Jahre hinweg Veränderungen an der Anordnung der Buchstaben vorgenommen haben. Und zwar so, wie es ihnen praktisch erschien. Die Japaner begründen ihre These wie folgt: Der Buchstabe Z wird im Morsealphabet mit „··· ·“ dargestellt.
Deutschland den Wölfen? Warum Waschbären sterben müssen und Menschen graue Eichhörnchen fürchten, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 7./8. Februar 2015. Außerdem: Ulrich Seidl hat Österreichern in die Keller geschaut. Ein Gespräch über Abgründe. Und: Wer „Promotion“ englisch ausspricht, macht aus dem Doktortitel eine Verkaufsaktion. Aus dem Leben einer arbeitslosen Akademikerin. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Im Englischen wurde diese Zeichenfolge jedoch leicht mit der Buchstabenkombination S („···“) und E („·“) verwechselt. Steht diese Zeichenfolge am Anfang eines Wortes, ist zunächst unklar, welche Buchstaben gemeint sind. Weil ein Telegrafist abwarten muss, bis das ganze Wort übermittelt ist, sollten diese Buchstaben nahe beieinander liegen, um beim Schreiben nicht in Verzug zu geraten. Dieser Theorie zufolge war es also nicht die Maschine, die den Menschen formte, sondern der Mensch formte die Maschine.
Wie auch immer es wirklich gewesen ist, die sogenannte QWERTY-Anordnung im Englischen setzte sich um 1920 durch und hat bis heute Bestand. Einzig der Buchstabe Y wurde im Deutschen mit dem Z getauscht.
Die Dvorak-Tastatur
Dabei gab es bereits Anfang der 30er Jahre ein neues Konzept, das sich an den menschlichen Händen und nicht an mechanischen Hebeln orientierte. Der amerikanische Pädagogik-Professor August Dvorak entwickelte eine Anordnung, bei der die häufigsten Buchstaben sich gleich dort befinden, wo auch die Finger aufliegen.
Je seltener ein Buchstabe beim Schreiben in der englischen Sprache gebraucht wird, desto schwieriger ist er auf der Dvorak-Tastatur zu erreichen. Berücksichtigt werden auch häufige Buchstabenkombinationen und die bequemere Fingerbewegung von außen nach innen.
Durch die kürzeren Wege soll das Tippen auf einer Dvorak-Tastatur nicht nur schneller, sondern auch gesünder sein, weil die Sehnen in den Händen weniger beansprucht werden. Neben der Dvorak-Tastatur gibt es längst weitere Alternativen für eine effizientere und elegantere Texteingabe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt