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Archiv-Artikel

Eventualfall Pocken

Pockenschutz für die gesamte Bremer Bevölkerung ist ab April gesichert. Senatorin: „Kein Anlass zur Panik“

Von ede

taz ■ Eine Million Euro kostet es, das Serum zu beschaffen und die Bevölkerung Bremens gegen Pocken zu impfen. Ab 1. April „bestünde theoretisch die Impfmöglichkeit“. Bis dahin sei auch das Personal entsprechend geschult – „für den unwahrscheinlichen Eventualfall“ einer Impfung, nach einer ersten Pockeninfektion in Deutschland. Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) wurde gestern vor der Presse nicht müde, die Möglichkeitsform zu bemühen, denn: „Für Panik besteht kein Anlass.“

„Bremen ist im Ländervergleich sehr gut aufgestellt“, glaubt Werner Wunderle, Abteilungsleiter des Gesundheitsamtes und zugleich Mitglied der zuständigen Bund-Länder-Kommission, die ressortübergreifend den Katastrophenschutz im Falle eines bioterroristischen Angriffs koordiniert. Laut Plan soll es in Bremen und Bremerhaven 25 Impfstellen geben, wo je 5.000 Personen täglich immunisiert würden – im Ernstfall. „Niemand kann sich jetzt impfen lassen“, betont Wunderle. Die Seren seien erstens tiefgekühlte Verschlusssache, zweitens offiziell gar nicht zugelassen und deswegen drittens nicht beim Hausarzt erhältlich. Eine Impfung ohne Not sei nicht ratsam – wegen bedenklicher Nebenwirkungen.

Statistisch kommt auf eine Million Geimpfter ein Todesfall, außerdem mehrere Erkrankungen etwa durch Gehirnhautentzündung. In Bremen bereits heute vorrätige 40.000 Seren seien im Ernstfall vorrangig für MitarbeiterInnen im Gesundheits- und Sicherheitswesen bestimmt – wegen der Ansteckungszeit von zwölf Tagen bliebe dann genug Zeit für die allgemeine Impfung.

Mit vielen „Impfverweigerern“ rechnet das Gesundheitsamt kaum. „Wir fürchten eher den Ansturm auf Impfstellen“, sagt Wunderle. Das Bedrohliche an Pocken sei, dass sie in 30 Prozent aller Fälle tödlich endeten. Die Überlebensraten Älterer und Schwacher liegen niedriger. Zwar gebe es neue Medikamente, die bei der Behandlung eingesetzt würden – doch seien diese nicht erforscht an Pocken, die seit 1976 als ausgerottet galten. Den staatlichen Umgang mit Impfverweigerern bezeichnete Senatorin Röpke gestern dennoch als „ungeklärtes Problem“.

Das Bremer Gesundheitsamt hält unterdessen eine hohe Impfdichte für ausreichend, um eine Epidemie zu verhindern. Zudem gelten rund 20 Prozent der Bevölkerung, darunter Schwangere und Immunschwache, als Risikogruppe, die besser nicht geimpft würde. Dies müsse über Schutzmaßnahmen beraten werden. Doch sei zwangsweise Quarantäne sowie das Absperren ganzer Stadtteile unausweichlich, wo Nähe zu Pockenerkrankten bestand. Denn Pockenviren sind sehr ansteckend – über Tröpfchen wie über die Luft. Nur einen Vorteil hat ihre Bekämpfung: Erst ab dem zweiten Fiebertag wird ein Erkrankter ansteckend. ede