piwik no script img

Euthanasie oder letzte Bestimmung? Dr. Hannelore Burmeister, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben

I N T E R V I E W Euthanasie oder letzte Bestimmung?

Dr. Hannelore Burmeister, Vizepräsidentin der Deutschen

Gesellschaft für humanes Sterben

Die linke Gesundheitszeitschrift 'Dr. med. Mabuse‘ hat in ihrer jetzt veröffentlichten neuen Ausgabe die Vorsitzende der „Akademie für ärztliche Fortbildung“, Frau Dr. Hannelore Burmeister, scharf angegriffen. Der Vorwurf: Hannelore Burmeister, Mitglied der linken „Fraktion Gesundheit“ in der Ärztekammer, ist Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). „Dr. Mabuse“ erklärt in einem offenen Brief an die Ärztefunktionärin unter anderem, sie „spekuliere mit den Ängsten und dem Tod“ der Bevölkerung und mache die „Euthanasie wieder gesellschaftsfähig“.

taz: Ihren Kollegen, Hans Henning Altrott, dem Vorsitzenden der DGHS, wird im neuen „Dr. Mabuse“ vorgeworfen, er sei „vor allem ein Zyankalibeschaffer“...

Burmeister: Ich halte das alles für eine bodenlose Unverschämtheit. Ich könnte mir vorstellen, daß der „Zyankalibeschaffer“ noch ein juristisches Nachspiel hat.

Wie thematisieren Sie denn den Tod? Wenn man in der Öffentlichkeit von der DGHS hört, fällt einem gleich ein: Aha, das sind die, die Menschen helfen zu sterben.

Wir machen Seminare, wo über den Tod und das Sterben gesprochen wird. Die DGHS hat vor zwei Jahren einen Kongreß zum Thema abgehalten, wo Wissenschaftler kontrovers diskutiert haben, wo aber auch ein Forum für das Thema entstanden ist. Es ging darum, herauszuarbeiten, das nicht andere bestimmen, was man tut, sondern das man selbst bestimmt. Und das schließt für mich die „letzte Bestimmung“ ein.

Das setzt natürlich voraus, daß es lauter selbstbestimmt lebende Subjekte gibt...

...das ist etwas, was offensichtlich zu dieser Kontroverse führt, - das man davon ausgeht, daß es so wenig Menschen gibt, die wirklich wissen, was sie wollen. Diese Argumente nehme ich sehr ernst, das bedrückt mich auch. Wenn das aber so vorgebracht wird, wie „Dr. Mabuse“ das macht, finde ich das einfach unfair. Da wird unterstellt, daß die Behinderten, die mit der DGHS in keiner Beziehung stehen, angesprochen sind. Das sind doch welche, die aktiv sind, die das bewältigen wollen. Das führt natürlich zu einem großen Konsens bei denen, die Sterbehilfe aus ethischen und moralischen Motiven heraus verurteilen. Ich finde das, was Mabuse da macht, auch gegenüber der alternativen Bewegung, nicht gut.

Man kann ja auch eine politische Position dazu entwickeln. Eine, die sich auf die Euthanasieerfahrungen im Faschismus bezieht.

Das finde ich nicht richtig. Man kann doch nicht sagen: „Das will ich nicht mehr hören, das darf so nicht sein!“. Man darf die Emotionen da nicht falsch kanalisieren. Natürlich darf es so etwas wie Euthanasie nie wieder geben.

Was sagt eigentlich die „Fraktion Gesundheit“ zu ihrem Engagement bei der DGHS?

Das ist nicht unbekannt. Ich hab‘ auch an Broschüren der Ärztekammer zum Thema „Tod und Sterben“ mitgearbeitet. Es gibt natürlich verschiedene Positionen zu dem Thema.

Wenn die DGHS Sterbehilfe leistet, sind die Medien meistens dabei...

...Das finde ich persönlich schlecht, und das sage ich auch auf Vorstandssitzungen. Auf der anderen Seite muß die Öffentlichkeit natürlich auch wachgerüttelt werden und sich zu diesem Thema stellen.Interview: C.C. Malzahn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen