: Europas Private klagen
■ EU-Verfahren gegen Staatssender: der Ausgang ist offen
Die französischen Staatssender France 2 und 3 haben es gut. Können sie ihren Finanzbedarf nicht über Werbung und Rundfunkgebühren decken, springt der Staat in die Bresche und deckt das Defizit – nicht gerade ein Anreiz zur Budgetdisziplin. Eher verlockt es dazu, noch mehr teuere Stars einzukaufen. Gegen diese Praxis hat schon vor drei Jahren der private Konkurrenzsender TF 1 Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt. Sie soll die „wettbewerbswidrigen“ Beihilfen verbieten.
Ähnliche Beschwerden haben auch spanische und portugiesische Privatsender eingereicht. Doch die Kommission zeigte bislang keine Eile, diese komplexen Fälle zu entscheiden. Denn die Beschwerde von TF 1 richtet sich nicht nur gegen die direkten staatlichen Zuschüsse, sondern auch gegen die Gebührenfinanzierung des Staatsfernsehens. „Wenn ein Sender sich nicht nur aus Werbung finanzieren muß, kann er seine Werbezeiten zu Dumpingpreisen auf den Markt werfen und macht dabei den Wettbewerb kaputt“, argumentiert der Privatsender TF 1.
Was die Privaten gern übersehen: Der öffentliche Rundfunk mit seinem besonderen Programmauftrag hat auch höheren Finanzbedarf. Wie hoch diese Sonderlasten tatsächlich sind, wollte die Kommission durch ein Gutachten einer britischen Consulting klären lassen, das jedoch bei allen Beteiligten nur lange Gesichter erzeugt hat. Das Fazit der teueren Studie lautete lapidar: „Es ist nicht festzustellen, wie hoch der zusätzliche Finanzbedarf für den öffentlichen Programmbedarf tatsächlich ist.“
Verena Wiedemann, ARD- Vertreterin in Brüssel, findet dieses Ergebnis dennoch sinnvoll: „Sonst sagt uns noch die Europäische Kommission, welche Sendungen wir zu welchen Kosten produzieren dürfen.“ Dies sei jedoch mit dem deutschen Prinzip des staatsfernen Rundfunks nicht vereinbar. Nachdem Portugal im Dezember gegen die EU-Kommission Untätigkeitsklage eingereicht hat, muß diese innerhalb von zwei Monaten Stellung nehmen. Danach können die Kläger den Europäischen Gerichtshof einschalten.
Bei der ARD erwartet man, daß die Entscheidung jedenfalls keine Auswirkungen auf die deutsche Situation haben wird. Denn in Deutschland gibt es keine Subventionen, nur Gebühren. Außerdem führten diese nicht zu Dumpingpreisen auf dem Werbemarkt. „Das könnten wir uns gar nicht leisten, und das hat für Deutschland auch noch nie jemand behauptet“, erläutert Wiedemann. Das seit Dezember vorliegende Gutachten wurde jetzt erst einmal allen Mitgliedstaaten zur Stellungnahme zugeschickt. Christian Rath, Brüssel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen