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Europas Handelspartner LibyenRüstzeug für den Folterstaat

Das Revolutionsregime von Muammar al-Gaddafi ist zum begehrten Investitionsziel und Absatzmarkt für Waffen aus Europa geworden.

Eine Tochterfirma des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS will Panzerabwehrraketen vom Typ «Milan» im Wert von 168 Millionen Euro an Libyen liefern. Bild: dpa

BERLIN taz Auf der laufenden "Tripoli International Fair 2008" geben sich deutsche Unternehmer die Klinke in die Hand. "Der libysche Markt wird immer attraktiver für die Länder der EU", wirbt das Bundeswirtschaftsministerium für die 37. libysche Industriemesse, die letzten Mittwoch in der Hauptstadt Tripolis eröffnet wurde. 20 Stände zählt der "German Pavilion", von ThyssenKrupp bis zu Meerwasserentsalzungsunternehmen. Bis zum 12. April können sie mit 2.000 anderen Ausstellern aus 37 Ländern Anteile am 50-Milliarden-Euro-Markt ergattern - so viel will Libyens Staat in den nächsten zehn Jahren für Infrastruktur ausgeben. Eine Videopräsentation bei der Messe zeigt "die zivilisatorischen Errungenschaften, die die Große Revolution dem libyschen Volk gebracht hat", wie die offiziöse Website Mathaba berichtet.

Das Nebeneinander von Business und Revolutionskitsch ist das Hauptmerkmal des Regimes von Muammar al-Gaddafi, der nächstes Jahr den 40. Jahrestag seiner Machtergreifung als absoluter Herrscher über Libyen feiern wird. Jahrzehntelang war Libyen als Förderer des Terrors international verfemt und mit Sanktionen belegt. Aber seit dem Entschluss Gaddafis Ende 2003, das libysche Atomwaffenprogramm einzustellen, ist Libyen vom Paria zum Partner geworden: Kein Land in Afrika bietet lukrativere Großinvestitionsprojekte, und nirgends im arabischen Raum gibt es so viele unerschlossene Öl- und Gasfelder.

Das EU-Waffenembargo gegen Libyen fiel 2004. Das erste Land, das offiziell Rüstungsgeschäfte mit Libyen einging, war Frankreich: Am 10. Dezember 2007 vereinbarten die beiden Regierungen die Lieferung von 14 Kampfjets des Typs Rafale - der erste Export des modernsten französischen Kampfflugzeugs überhaupt - sowie von 35 Hubschraubern und anderen Waffen nach Libyen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy handelte bereits am 25. Juli 2007 mit Gaddafi die Lieferung von Panzerabwehrraketen und militärische Ausbildung für libysche Spezialkräfte aus.

Die britische Regierung schloss mit Libyen am 30. Mai 2007 ein Militärabkommen, das auch eine Ausbildungskomponente einschließt. Italiens Linksregierung vereinbarte mit Libyen am 29. Dezember 2007 gemeinsame Marinepatrouillen für "Kontrolle, Aufspüren und Rettung" im Mittelmeer. Über 37.000 illegale afrikanische Einwanderer sind allein 2006 und 2007 auf dem Seeweg von Libyen nach Italien gekommen.

Deutschland hat bei heiklen Geschäften mit Libyen schon immer den privaten Weg bevorzugt. Die Dauerskandale um mutmaßliche deutsche Hilfe beim Bau zweier Giftgasfabriken in Libyen in den 90er-Jahren fielen in eine Zeit, als sonst noch kein westliches Land Geschäfte mit Gaddafi machte. Nachdem das aufflog, sollen deutsche Geschäftsleute über Aktivitäten in Südafrika Gaddafi beim Erwerb von Atomwaffentechnologie geholfen haben. Ein Prozess gegen den deutschen Ingenieur Gotthard Lerch in diesem Zusammenhang platzte im Juni 2006 aus Mangel an Beweisen. Die deutsche Ausbildungsmission für libysche Polizisten, von der jetzt berichtet wird, war da schon im Gange.

Foltervorwürfe an Libyens Polizei waren auch schon bekannt im Zusammenhang mit den sechs bulgarischen Krankenschwestern und dem palästinensischen Arzt, die jahrelang in libyscher Haft saßen und im Juli 2007 auf europäischen Druck hin freikamen. Ende 2005 sprach die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch" von Elektroschocks, sexuellen Übergriffen und Schlägen in der Haft. Nach der Freilassung berichtete der Palästinenser, er habe viele Tage lang auf den Knien verharren müssen, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, und Fußtritte ins Gesicht bekommen, wenn er einschlief.

Folter in der Haft haben Menschenrechtsorganisationen auch für afrikanische Migranten in Libyen bezeugt, die jedes Jahr zu Zehntausenden in Wüstenlagern interniert und abgeschoben werden. Libyen und die EU verhandeln derzeit über europäische Ausrüstungshilfe für die zuständigen libyschen Sicherheitskräfte.

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