piwik no script img

■ Europa wird wieder ein bißchen zivilisierterIsle of Man schafft die Peitsche ab

Edinburgh (taz) – Die von London weitgehend unabhängige Regierung der Isle of Man will sich dem europäischen Druck beugen und die öffentlichen Auspeitschungen abschaffen. Ein entsprechendes Gesetz soll noch in dieser Woche dem Inselparlament vorgelegt werden. Miles Walker, der höchste Beamte der britischen Kronkolonie, sagte: „Es wird Zeit, die Isle of Man in Einklang mit dem heutigen Denken zu bringen. Auspeitschungen sind brutal.“

Nach dem derzeitigen Gesetz können Straftäter im Alter von 14 bis 21 Jahren von Polizeibeamten öffentlich ausgepeitscht werden. Die „korrektive Maßnahme“ muß von einem Arzt überwacht werden. Kindern unter 14 Jahren bleibt die Peitsche erspart – sie werden mit dem Rohrstock verprügelt, wenn sie gegen Gesetze verstoßen. Das letzte Mal wurde 1976 ein irischer Tourist mit Peitschenhieben bestraft, weil er eine Prügelei angezettelt hatte. Drei Jahre später bezeichnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Auspeitschungen als „gemeine und ungewöhnliche Strafe“. Diese Kritik rettete 1981 einen jungen Schotten, der auf der Fähre nach Douglas einem Mitreisenden ein Bierglas über den Schädel geschlagen hatte. Er sollte zunächst mit vier Hieben auf den rechten Weg gebracht werden. Nachdem sein Anwalt jedoch den Gerichtshof für Menschenrechte zitierte, wurde das Urteil in eine Geldstrafe umgewandelt. Auf der Isle of Man gibt es kein Jugendgefängnis. Vor zwei Jahren urteilte ein Richter, daß Jugendliche nicht in das Gefängnis für Erwachsene in Douglas gesteckt werden dürfen. Miles Walker will diese Entscheidung umgehen, indem er einen Gefängnisflügel für „jugendliche Wiederholungstäter“ reserviert. Die 70.000 BewohnerInnen der Insel zwischen Großbritannien und Irland sind sich über die Abschaffung der Auspeitschungen keineswegs einig. Ein Großteil hat bereits Protest angekündigt. Heftige Proteste gab es bereits im vergangenen Jahr, als Homosexualität legalisiert wurde. Bis dahin hatte die Polizei den Schwulen an ihren Treffpunkten regelmäßig aufgelauert und sie vor die Gerichte gezerrt. Und auch der Beschluß des Inselparlaments, den Tod durch den Strang abzuschaffen, stieß im vergangenen Monat auf den Widerstand eines Teils der Bevölkerung. George Waft, der Westminster-Abgeordnete der Insel, sagte am Wochenende, daß eine Auspeitschung gar keine Strafe mehr sei: „Der Betreffende und seine Familie profitieren doch davon, indem sie die Geschichte an Zeitungen verkaufen.“ Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen