: Europa und die Frauen
■ Künstlerinnen-Protest zum Stier mit Frauenbein-Gehörn als schlechte Kopie männlich-staatlicher Zensur-Akte
Zuerst war es in Bremen von feministischer Seite zum Protest gekommen: Als sexistisch empfand frau das Plakat zur Ausstellung „Mythos Europa“, eine Arbeit von Roland Topor mit einem Stier, der Frauenbeine an Stelle der Hörner trägt. In Bonn, wo die Ausstellung jetzt gezeigt wird, forderten Künstlerinnen gleich, das Motiv an derart prominenter Stelle zurückzunehmen. Die grüne Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Helga Trüpel kommentierte das mit einigem Unbehagen: „Es handelt sich beim Mythos von Europa um einen patriarchalischen Mythos, denn Zeus, als Stier verkleidet, raubte Europa gegen ihren Willen. Das Ausstellungsplakat symbolisiert
diese patriarchale Geschichte. Die Frau taucht nur als Köperteil auf, aber der weibliche Körperteil ist gleichsam dem Kopf des Stiers entsprungen, eine männliche Kopfgeburt also. Europa, die begehrenswerte und geraubte Frau, eine Projektion und Wunschproduktion des Mannes. In diesem Sinne dechiffriert das Bild Roland Topors die patriarchale Geschichte Europas und wiederholt sie nicht nur. Daß Kunst bewegt und aufregt, ist eine ihrer Daseinsberechtigungen.“ Alle Forderungen, daß Bild verschwinden zu lassen, werden von der Bremer Abgeordneten abgelehnt: „Gerade Zensur ist ein männlich-staatlicher Akt und sollte von Frauen nicht kopiert werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen