Europa rechnet weiter: Dublin ist das teuerste Pflaster
aus Dublin RALF SOTSCHECK
Die Iren sind nach der Euroeinführung aus allen Wolken gefallen. Zwar wussten sie auch zuvor, dass sie nicht gerade in einem billigen Land leben. Doch nun können sie auf Auslandsreisen die Preise mit einen Blick vergleichen, und dabei schneidet die Insel meist schlecht ab.
Eine Studie von Forfás, der irischen Behörde für Industriepolitik, hat ergeben, dass Irland das zweitteuerste Land in der Eurozone ist. Gleich nach Finnland. Vor sieben Jahren lag die Grüne Insel noch auf Platz acht. Dublin ist sogar die mit Abstand teuerste Hauptstadt in der Eurozone. In der Europäischen Union sind nur London und Kopenhagen noch teurer, doch dort zahlt man mit Pfund und Krone.
Wie in anderen Ländern auch, haben zahlreiche Unternehmen und Dienstleistungsbetriebe die Währungsumstellung zur Preiserhöhung ausgenutzt. Am schamlosesten waren die Ärzte, Apotheker, Kinobesitzer, Restaurantbetreiber und Kneipiers.
Doch die Preissteigerungen muss man differenziert sehen. So sind die Lohnkosten im Gaststättengewerbe binnen zwei Jahren von 25 auf 40 Prozent des Umsatzes gestiegen, die Versicherungsprämien sind um 175 Prozent erhöht worden. Hinzu kommt eine Inflationsrate, die in Irland doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt ist. Auch die Transportkosten sind auf der Insel höher. Supermarktketten können nicht so günstige Einkaufspreise wie in größeren Ländern herausholen. Nicht zuletzt spielt auch die Psychologie eine Rolle: Irland ist das einzige Land, in dem die Preise in absoluten Zahlen nach der Währungsumstellung gestiegen sind, denn das Irische Punt stand als einzige Währung höher als der Euro.
Die hohen Preise sind auf der Insel das Gesprächsthema Nummer eins, der staatliche Radiosender RTÉ hat sogar eine Sendung eingeführt, bei der Hörer anrufen und ihren Ärger loswerden können. Einer berichtete, er habe in einem Dubliner Hotel mit drei Freunden Tee und ein paar Butterkuchen bestellt. Die Rechnung lag bei 92 Euro. Eine Frau monierte, dass man ihr in einem Restaurant 4,50 Euro für einen halben Liter Leitungswasser abgenommen habe. Eine Journalistin zahlte 110 Euro für eine Dauerwelle mit Haartönung. Der gleiche Service hatte sie in Spanien wenige Wochen zuvor 33 Euro gekostet.
Zugleich dreht sich die Preisspirale immer schneller, ein Ende ist nicht abzusehen: Der öffentliche Nahverkehr ist soeben um fast ein Viertel teurer geworden, die Stromgesellschaft, die Krankenversicherungen, die Universitäten und die Notaufnahmen in Krankenhäusern ziehen demnächst nach. „Wir sind sehr besorgt“, sagt David Begg, Generalsekretär des Gewerkschaftsverbands, „Irland ist das zweitteuerste Land in der Eurozone, liegt aber bei der Lohnhöhe nur an 14. Stelle. Ich bin überzeugt, dass die hohen Kosten auf Profitgier zurückzuführen sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen