Europa in der Krise: Doppelter Rettungsschirm für den Euro
Merkel gibt ihren Widerstand auf und will doch mehr Geld für die Eurorettung lockermachen. Die Idee: Der vorläufige und der permanante Rettungsschirm sollen parallel laufen.
BERLIN rtr/dpa/taz | Die Mittel für die Eurorettung werden wahrscheinlich aufgestockt: von derzeit 440 Milliarden auf 700 bis 940 Milliarden Euro. Nach Informationen des Spiegels haben Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble ihren Widerstand dagegen aufgegeben.
Seit Monaten wird europaweit diskutiert, wie sich die Euro-Rettungsschirme aufstocken ließen. Zunächst hatten die Eurostaaten gehofft, dass sie die Rettungsschirme „hebeln“ könnten, indem auch private Investoren oder Länder wie China Kredite gewähren. Doch zeigte niemand Interesse. Den potenziellen Investoren war das Risiko zu groß.
Nun wollen die Eurostaaten die Mittel offenbar aus eigener Kraft erhöhen. Die Idee: Der vorläufige Rettungsschirm EFSF und der permanente Rettungsschirm ESM sollen parallel weitergeführt werden. Bisher sollte der ESM, der bis zu 500 Milliarden Euro ausleihen kann, den EFSF ablösen, dessen Volumen bei 440 Milliarden liegt.
Laut Spiegel werden zwei Modelle diskutiert, wie sich die beiden Rettungsschirme kombinieren ließen. Erste Variante: Zum ESM-Volumen von 500 Milliarden Euro kommen noch jene 200 EFSF-Milliarden hinzu, die bereits für die Hilfen an Griechenland, Portugal und Irland verplant wurden. Ursprünglich sollten diese bereits verbrauchten EFSF-Mittel mit dem ESM verrechnet werden. Insgesamt würden sich die Mittel also auf 700 Milliarden Euro addieren. Deutschland würde davon etwa 280 Milliarden garantieren.
Erste Lesung im Parlament
Zweite Variante: EFSF und ESM laufen parallel. Dies würde ein Volumen von 940 Milliarden Euro ergeben. Die Garantiesumme für Deutschland würde etwa 400 Milliarden Euro betragen. Dieses zweite Modell wird von der EU-Kommission favorisiert.
Bisher hat der Bundestag die deutsche Haftung auf 211 Milliarden Euro gedeckelt. Am Donnerstag will das Parlament in erster Lesung über den ESM beraten.
Das Finanzministerium lehnte eine Stellungnahme zum Spiegel-Bericht ab, dementierte ihn aber auch nicht. Eine Sprecherin sagte, dass die europäischen Partner vereinbart hätten, bis Ende März zu prüfen, ob die ESM-Obergrenze von 500 Milliarden Euro ausreiche.
Am kommenden Wochenende findet ein informelles Treffen der EU-Finanzminister in Kopenhagen statt. Dort soll beschlossen werden, wie die Rettungsschirme aufgestockt werden.
Der internationale Druck ist jedenfalls enorm: Die Geberländer des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben offen angedroht, dass sie ihre Mittel für Europa nur dann erhöhen, wenn auch die Europäer weitere Rettungsmilliarden zur Verfügung stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag