: Europa hilft gestrandeten Passagieren
Die EU-Kommission drängt auf die Umsetzung der vor zwei Jahren beschlossenen Rechte für Fluggäste. Bislang hapert es sowohl an der Information der Reisenden als auch an Konfliktstellen, die im Streitfall helfen, die Ansprüche durchzusetzen
aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER
Maschine überbucht? Flug abgesagt? Verspätungen? Rechtzeitig zur Sommerreisesaison will die EU-Kommission an allen europäischen Flughäfen Plakate aushängen, auf denen die Passagiere über ihre Rechte informiert werden. Denn schon seit dem 17. Februar 2005 regelt eine EU-Verordnung, was als „unzumutbare Verspätung“ gilt und wann Entschädigungen gezahlt werden müssen. Aber bis heute haben es einige EU-Länder versäumt, sie umzusetzen. Die Kommission droht ihnen nun mit Vertragsverletzungsverfahren.
Wenn eine Maschine überbucht ist, hat der Kunde Anspruch auf eine Entschädigung, die je nach Fluglänge zwischen 125 und 600 Euro liegen kann. Verschiebt sich die Abflugzeit um mehr als fünf Stunden, kann der Reisende sich den Preis für das Ticket erstatten lassen. Er muss dann allerdings auf den Flug verzichten. Wird ein Flug gestrichen, muss der Kunde mindestens vierzehn Tage vorher informiert werden. Andernfalls wird eine Entschädigung fällig.
Die Fluggesellschaft haftet bis zum Wert von 1.200 Euro auch für Gepäckverlust und für Unfälle. Nur wenn die Airline nachweisen kann, dass sie alle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat und „besondere Umstände“ wie Unwetter oder ein Terroranschlag verantwortlich sind, gilt die Haftpflicht nicht. Der Passagier hat auch Anspruch darauf, vor Abflug den Namen der befördernden Fluggesellschaft zu erfahren. So kann er selbst kontrollieren, ob das Unternehmen als zuverlässig eingestuft wird.
Die Kontrolle wurde den nationalen Behörden übertragen. Finnland, Litauen und Luxemburg haben jedoch noch keine Instanz eingerichtet, bei der Passagiere ihre Rechte einklagen könnten, falls die Fluggesellschaft nicht freiwillig zahlt. In Großbritannien gibt es Ärger, weil die Beschwerdestelle nichtbritische Fluggäste diskriminiert haben soll.
Die Zahl der Konfliktfälle ist insgesamt allerdings gar nicht so hoch. Das zeigt ein gestern von der EU-Kommission veröffentlichter Bericht. In den letzten zwei Jahren wurden 750 Millionen Tickets an europäischen Flugschaltern verkauft. Nur etwas mehr als 18.000 Passagiere beschwerten sich bei den zuständigen Landesbehörden – in Deutschland beispielsweise beim Luftfahrtbundesamt.
Die EU-Kommission gibt den Mitgliedsstaaten nun noch ein halbes Jahr Zeit, sämtliche Vorschriften der Verordnung umzusetzen. Ein Handbuch soll als Entscheidungshilfe dienen. Allerdings müssen auch die Reisenden wissen, welche Rechte sie haben. Es lohnt sich also, die bunten Plakate der EU-Kommission genau zu studieren.