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Euro-Länder sagen Hilfe zu110 Milliarden für Griechenland

Griechenlands Sparkurs wird honoriert. Zusammen mit dem IWF wollen die Euro-Staaten Griechenland innerhalb der nächsten drei Jahre Kredite in Höhe von rund 110 Milliarden Euro gewähren.

Finanzminister der Euroländer in Brüssel. Bild: dpa

ATHEN/BRÜSSEL/BERLIN dpa/apn | Die Euro-Länder akzeptieren die massiven Sparanstrengungen Griechenlands und wollen nun den Staat mit rund 110 Milliarden Euro Finanzhilfen vor dem Bankrott retten. Griechenland werden die Mittel in den kommenden drei Jahren als Kredite zur Verfügung gestellt. Davon kommen zwei Drittel von den Euro-Staaten, das andere Drittel vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Einigung auf ein Rettungspaket für Griechenland begrüßt. Merkel sprach am Sonntag in Bonn von einem "sehr anspruchsvollen Programm", das Internationaler Währungsfonds (IWF) und EU mit der griechischen Regierung ausgehandelt hätten. Sie kündigte an, das Bundeskabinett wolle bereits am Montag die milliardenschweren Notkredite aus Deutschland auf den Weg bringen. Zuerst müssten aber die Finanzminister der Eurogruppe dem Paket zustimmen.

Hilfe ist an Sparvorgaben gebunden

Die Auszahlung der Hilfen ist an die Einhaltung der Sparmaßnahmen geknüpft, die zwischen IWF, Eurogruppe, Europäischer Zentralbank (EZB) und Griechenland vereinbart wurden. Regierungschef Giorgos Papandreou kündigte am Sonntagmorgen unter anderem massive Einkommenskürzungen und Steuererhöhungen an. Bis 2013 will die Regierung 30 Milliarden Euro sparen. IWF, EZB und EU-Kommission wollen die Sparmaßnahmen regelmäßig alle drei Monate überprüfen. Die beiden größten Gewerkschaftsverbände in Griechenland kündigten für die nächsten Tage weitere Streiks an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zuversichtlich, dass der Euro mit dem Sparprogramm stabil gehalten werden kann. In Bonn sagte sie am Sonntag: "Es ist ein nachhaltiges Programm auf mehrere Jahre angelegt, das deutlich macht, dass der griechische Weg, den das Land zu gehen hat, ein langwieriger, sicherlich auch beschwerlicher sein wird, aber aus meiner Sicht ein absolut notwendiger."

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Brüssel zu Beginn einer Sondersitzung der Finanzminister der 16 Staaten mit Euro- Währung: "Das ist ein starkes Programm." Das Sparpaket wird auch nach Ansicht der EZB das Vertrauen in den Euro wiederherstellen und dessen Stabilität garantieren. Mit den entsprechenden Strukturreformen werde es gelingen, die wirtschafts- und finanzpolitischen Probleme Griechenlands in den Griff zu bekommen.

Der luxemburgische Budgetminister Luc Frieden erläuterte, von den 110 Milliarden entfielen etwa 80 Milliarden auf die Euro-Staaten. Zu den europäischen Geldern sollen also noch 30 Milliarden vom IWF kommen und die übrigen 40 Milliarden Euro - so die Hoffnungen - sollen die Griechen am privaten Kapitalmarkt aufnehmen. In diesem Jahr rechnen die Euro-Staaten mit 30 Milliarden Euro für Griechenland, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich kommen bis zu 15 Milliarden Euro vom IWF.

Gesetz Ende der Woche erwartet

Schäuble betonte, die deutsche Regierung sei zu raschem Handeln bereit: "Wenn wir hier zu einer entsprechenden Beschlussfassung kommen, werden wir morgen Mittag in einer Kabinettssitzung einen Gesetzentwurf beschließen." Die Gesetzgebung solle dann bis zum Freitag abgeschlossen werden.

Zuvor hatte schon EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Voraussetzungen für die Milliardenhilfen für erfüllt erklärt. Die Kommission empfahl, den europäischen Hilfsmechanismus "auf der Grundlage des vereinbarten mehrjährigen Reformprogramms" zu aktivieren. Die Euro-Länder pochen zudem auf freiwillige Hilfszusagen der privaten Banken. Dabei gehe es besonders um ein weiteres Engagement der Kreditwirtschaft in Griechenland, verlautete aus Verhandlungskreisen.

Als Lehre aus der Griechenland-Krise will die Bundesregierung die Stabilitätskriterien für den Euro drastisch verschärfen. "In letzter Konsequenz muss es künftig möglich sein, einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, zumindest vorübergehend das Stimmrecht zu nehmen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der "Bild am Sonntag". Auch müsse über eine Insolvenzregelung für Staaten nachgedacht werden, um so künftig bei einer Rettung auch die Gläubiger mit ins Boot zu bekommen, hieß es.

Außenminister Westerwelle begrüßte außerdem die Bereitschaft der Gläubigerbanken, sich an den Griechenlandhilfen zu beteiligen. Das sei "Ausdruck von Verantwortungsbereitschaft". Laut "Financial Times Deutschland" wollen sich die Deutsche Bank, der Versicherungskonzern Allianz und die Münchener Rück am Hilfspaket der Bundesregierung beteiligen. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann habe die Initiative für Hilfszusagen aus der deutschen Wirtschaft auf Wunsch von Schäuble gestartet.

Im Gespräch sei, dass die Deutsche Bank einen 500-Millionen-Euro-Kredit zu denselben Konditionen wie die Bundesregierung bereitstellen könnte, die Allianz einen Kredit über 300 Millionen Euro und die Münchener Rück über 200 Millionen Euro. Darüber hinaus sei auch der Ankauf griechischer Staatsanleihen im Gespräch.

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9 Kommentare

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  • RK
    Rüdiger Kalupner

    @ Huber Tus

    Sie haben recht, dass die Verschuldungskrise das Ende des 'Kapitalismus' sein wird. Sie unterschätzen aber den sicheren Erkenntnisstand über das Kommende.

     

    Die Systemdenker an der Spitze der Banken und der Staaten wissen sehr wohl, 'was dabei herauskommt', d.h. was beim Versuch der griechischen Regierung, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden und die Schulden zu tilgen, herauskommen wird. Nur mit dem öffentlichen Nicht-Wissen über das Kommende kann sich das Ancien Regime noch einige Monate Zeit kaufen.

     

    Das Beispiel Frankreich 1789 ist sehr lehrreich: die Systemordnung der Verursacher der steigenden Verschuldung und des anschließenden Staatsbankrotts wird einer evolutionär fortgeschritteneren Ordnung des menschheitlichen Fortschrittsprozesses Platz machen. Diesmal kommt das alt-griechisch-europäische Befreiungs- und Individualisierungs-Projekt an sein Ziel

     

    Das heißt diesmal, dass das Ancien Régime der 2%Wachstumnszwang-Tyrannei durch die Ordnung des KREATIVEN Akzelerationspfades im Evolutionsmodell ersetzt werden wird. Das hinreichende Exodus- und Übergangsprojektwissen ist erkannt und unter EPIKUR-Projekt-für-Griechenland zu googeln und zu finden. Wenn ich erreiche, dass das EPIKUR-Projekts als rettende Option für Griechenland in die Diskussion gerät, dann ist absehbar, dass die griechischen Parlamentarier sich zu einem Ballhausschwur pro EPIKUR-Projekt-für-Griechenland vereinigen und das Regime des kapitalstockmaximierenden 2%Wachstumszwang-Tyrannen stürzen werden - via Aktiencrash.

  • HT
    Huber Tus

    Was wir zur Zeit erleben ist der Todeskampf des Kapitalismus. Die Verteilung der Vermögen wird immer ungerechter - die Schere geht immer schneller und weiter auseinander. Was Merkel & Co. mit der Griechenland-Hilfe anzetteln ist eine Verschleppung der Insolvenz und wäre normalerweise strafbar. Eine Senkung der Steuern wie von Westerwelle, Seehofer und Merkel gefordert bedeutet eine weitere Stärkung des Kapitals und eine Schwächung des Staats. Noch könnte der Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden, indem die Schulden von den Vermögenden bezahlt werden. Wenn der Einfluss des Staates weiterhin abnimmt, wird die Gewalt zunehmen. Was dann herauskommt, weis kein Mensch.

  • E
    end.the.occupation

    Milliarden nicht für Griechenland, sondern für die Gläubiger Griechenlands. Vor allem also Banken, Versicherungen und Fonds ausserhalb Griechenlands.

     

    Der deutsche Staat - der Hilfsmotor der unfehlbaren 'Freien Marktwirtschaft' - rettet so einmal wieder das Vermögen der genannten Institutionen.

     

    Funktionieren kann das wahrscheinlich nicht einmal mittelfristig - der Kollaps wird schlicht vertagt, die kommenden Lasten dem VERDI-Milieu auferlegt.

     

    Hinterfragt werden darf das natürlich nicht. Denn die 'Freie Marktwirtschaft' ist unfehlbar und - schlimmer noch - völlig alternativlos.

     

    Weiter also mit 'Nicht sehen, hören und sagen'.

     

    Und hiermit geben wir zurück in die Funkhäuser mit unserem neuesten Islam-Strassenfeger: der 'Burka'-Frage.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Es ist wohl doch ein Kredit "aus der Notenpresse", vielleicht mit der Variante des unterlassenen Geldmengenentzuges wegen des gesunken Bruttoszialaproduktes.

    "Etwas muss hundertfach übertrieben werden, damit es psychologisch überhaupt ein Wirkung tut" (Nietzsche).

    Leider haben die Ökonomen die "Nutzanwendung" auf die Preisgestaltung und die "Lohnzurückhaltung" ziemlich sofort fast monopolisiert.

  • J
    Jens

    Das hätte man billiger haben können: Anstatt 10 Mrd genügen i.d.R. 100 DM Begrüßungsgeld pro Nase um einen Staat im Kapitalismus Willkommen zu heißen.

  • M
    Marik

    Wenn ich so lese überall, wie gut und mit wieviel Wohltaten die Griechen leben...

    Während bei uns seit der Agenda 2010 Millionen Menschen verarmten und Armut immer mehr zunimmt... Nun sollen die Arbeitnehmer und Normalos in Deutschland für Griechenland die Schulden abtragen. Wir werden ab 10. Mai hören, wo Merkel sparen will. Zur Erinnerung: Deutschland hat 1,7 Billionen Schulden.

     

    Es wird eines Tages zusammenbrechen hier. Ich hoffe, bis dahin ist mein bißchen Erspartes sicher in der Schweiz. Albert von Thurn und Taxis macht es gerade vor. Er ist mit Milliarden offiziell in die Schweiz und zahlt hier keine Steuern mehr. Die Reichen retten schon ihr Geld.

     

    Der EURO ist Betrug an den einfachen Menschen!

  • W
    werkor

    Das der griechischen Regierung aufgelegte Sparpaket wird zu einem sozialen Desaster führen. Denn die höhere Besteuerung wird nicht die Ärzte, Rechtsanwälte und anderen Freiberufler treffen, die ihre Steuern bisher hinterzogen haben. Die Normalverdiener zahlen höhere Steuern, das Bakschisch an die Polizei und die Bildung ihrer Kinder. Ich fress einen Besen, wenn das gut geht. Athen und Thessaloniki werden brennen.

  • J
    JFSebastian

    Ich bins wirklich leid, immer verarscht zu werden. Die Banken haben auf Griechenland gezockt, Griechenland ist pleite nur müssen die Banken wieder einmal die Risiken nicht selber zahlen sondern die Steuerzahler springen ein. Das einzig richtige wäre gewesen, dass Griechenland eben pleite ist und die Gläubiger ihr Geld verlieren. Sie wussten von dem Risiko und haben kein Recht darauf, davor bewahrt zu werden. Verdammt, wer hat den Griechenland so viel Geld geborgt, wer verdient sich jetzt wieder dumm und dämlich an den Bürgschaften der EU?

    Ich habs satt!

  • SS
    so so

    Gott sei Dank, die EU Banken sind gerettet. Diese sitzen auf 150 Milliarden an griechischen Schuldverschreibungen. Wir Bürger haben diese Last den Banken abgenommen. Sauber Arbeit Herr Finanzminister!