: Etikettenschwindel
betr.: „Keine Wunder in Alices Welt“, taz vom 24. 10. 00
[...] So groß mit Differenztheorien gewunken und dann doch nur ein individualistisches (nicht: subjektives!) „mir gefällt es aber so“ an wahlweise Mutterschaft oder Penetration aufweisen zu können – das ist ganz schön Etikettenschwindel bzw. schlicht aufgeblasen. Und als Argument abgestanden seit mindestens jenen 25 Jahren, die hier Schwarzer an altmodischer Aufklärerei vorgeworfen werden. Der Postmoderne wird ja gern Beliebigkeit unterstellt – ein Kompliment noch angesichts solcher Banalisierung. Wahrheit bedeutet doch nicht ein tautologisches „Spaß macht, was gefällt“, Ahistorizität und beleidigte Abwehrreflexe!
Übrigens schadet es auch Postmodernistinnen nicht, sich mit Forschungen über ihren Gegenstand, hier die Frauenpolitik, zu beschäftigen. Dort lässt sich unschwer in Erfahrung bringen, dass „das dunkle Herz der Männerherrschaft“, also Gewalt und Sexualgewalt, Frauen weltweit in Schach zu halten weiß. Postmoderne Theorien helfen, die Komplexität dieser Machtverhältnisse aufzuschlüsseln – mit simplem Aufklärungs-Bashing nach dem Schema von In-&Out-Rankings hat das nichts zu tun.
GABRIELE KÄMPER, Berlin
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