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Etiketten-SchwindelBio-Eier von Käfig-Hühnern

Eier aus Käfighaltung werden in Brandenburg massenhaft falsch etikettiert und an Supermärkte geliefert, klagt die Tierschutzorganisation Peta.

Betrug am Verbraucher: Brandenburgische Bio-Eier direkt aus der Käfighaltung. Bild: dpa

BERLIN taz Tausende Hühner in einer Halle, dicht gedrängt, kein Tageslicht, im Mülleimer liegen Medikamente. So haben sich die Hühner ihr Leben in Freilandhaltung sicherlich nicht vorgestellt. Eine Henne ist in einer Klappe eingeklemmt, die automatisch funktioniert. Die erschreckenden Bilder der Tierrechtsorganisation Peta kommen aus Spreenhagen in Brandenburg. Die Firma Landkost produziert hier Eier - angeblich auch aus Freilandhaltung. Am Mittwoch stellte Peta das Filmmaterial in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vor. Der Vorwurf: An den Brandenburger Standorten Spreenhagen und Bestensee würden täglich 300.000 Eier falsch etikettiert. Landkost kennzeichne die Eier als Freiland- oder Bioeier, tatsächlich könne man von Käfig-, bestenfalls von Bodenhaltung sprechen. Am Ende landen die Eier bei Supermärkten wie Kaisers oder Edeka. Die beiden Ketten wollen die Vorwürfe prüfen.

Peta hat nach eigenen Angaben Strafanzeige gestellt - wegen Tierquälerei und Betrugs. Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohe Landkost eine Geldstrafe, im Extremfall gar eine Freiheitsstrafe, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam.

Bereits seit 2006 sollen die Eier falsch etikettiert worden sein. Dadurch habe Landkost ungerechtfertigte Gewinne im zweistelligen Millionenbereich gemacht, hat Peta ausgerechnet. "Es ist beschämend, dass gerade die Verbraucher, die sich entschlossen haben, tierschützerisch zu konsumieren, noch betrogen werden", sagte Edmund Haferbeck, Vorsitzender der Tierrechtsorganisation. Landkost wies die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen produziere auch Eier aus Boden- und Käfighaltung, kennzeichne diese aber entsprechend. Auch das örtliche Veterinäramt hält die Vorwürfe von Peta für unbegründet.

Seit 2004 muss in Deutschland auf allen Eiern ein Code stehen, der etwas über die Haltungsbedingungen der Tiere und den Herkunftsort aussagt. Maschinen, mit denen die Ziffernkombination auf die Eier gedruckt wird, hat Peta auch gefunden: Die Hersteller stellen sich hier ihr eigenes Zeugnis aus. Geprüft werden sie von privaten Kontrollstellen, die wiederum eine staatliche Zulassung benötigen, erklärt Lutz Desselberger vom Verbraucherschutzministerium in Brandenburg. "Ob die Kontrollstelle da ein- oder fünfmal im Jahr hingeht, das können wir nicht beeinflussen." Diese Regelung sei "nicht optimal". Das sieht auch Peta so: "Die gesamte Kontrolle funktioniert nicht."

Zu Unrecht werbe Landkost mit einem Siegel der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), erklärte deren Sprecher Franz Rausch gegenüber der taz. Seit 2004 habe es dort keine Kontrollen gegeben.

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11 Kommentare

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  • G
    glamorama:blog

    Schade, dass die taz-Redaktion den Unterschied zwischen "Freiland" und "Bio" nicht kennt. Nur knapp 8 Prozent der in Deutschland verkauften Freiland-Eier sind Bio-Eier. Das genannte Unternehmen hat kein einziges Bio-Ei verkauft.

     

    Mein Tipp: Erst recherchieren, dann Artikel schreiben :-(

  • Z
    zion.zodiac

    Oh man! Mir war von anfang an klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann jemand feststellt, dass in "Freiland" bzw. "Bio" nicht drin ist, was drauf steht.

    Wenn mir jemand nächste Woche erzählt, dass meine Eier vom Ärmel-der-Welt kommen und auf ihrem Weg zu mir dreimal eingefroren waren, weiß ich nicht, ob ich mich darüber noch aufregen soll.

    Daran sehen wir wieder: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Daher werde ich meine Eier künftig wieder bei dem Bauern meines Vertrauens kaufen, wo ich die Vögel auch draußen sehen kann und darf. Ich finde nämlich: FREIHEIT SCHMECKT BESSER!!!

  • G
    greenmask

    Das schöne an Bio ist, dass der Markt durch seine starke Transparenz solche faulen Eier immer wieder auffliegen lässt. So erfahren umweltinteressierte Konsumenten meistens sehr schnell, wenn etwas nicht stimmt und können handeln.

     

    Konsumenten die dagegen konventionellen Herstellern blind vertrauen, denen es nun wirklich nur um ihre Gewinne geht, werden dagegen meistens nicht erfahren wenn etwas schief läuft. Dioxine etc. im Essen? Ist kein Problem, das kann man schnell und leicht vertuschen. Zumindest so lange bis das Zeug weg ist. Diese faulen Hersteller werden längst über alle Berge sein in ihrer neuen Villa in Portugal am Meer.

     

    Und Sie? Durch die Vergiftung irgendwann, an Krebs dahinscheidend, werden sich fragen: wie konnte dass passieren? Die Ursachen werden sie aber niemals erfahren. Das ist ganz schön dumm. Um das zu verstehen, fehlt gewissen Leuten leider die nötige Weitsicht. Und Naturverbundenheit, denn wir Menschen kommen aus der Natur und nicht aus der Fabrik.

  • B
    BrVoKo

    Herr Dr. Oetker, wie kommen sie auf Ihre Aussage?

    Wenn ein gewisser Prozentsatz der Kunden Bio-Produkte kaufen will, dann ist das sein gutes Recht. Ob die Welt dadurch besser würde, ist nicht die Frage, sondern der Willen des Konsumenten, bestimmte Arten der Produktion (Käfighaltung bei Hühner, Kinderarbeit bei Nike, etc.) nicht zu unterstützen. Da es leider kaum möglich ist, jedes Produkt bis an seinen Produktionsstandort zu verfolgen, gibt es Bezeichnungen, Zertifikate, Siegel usw. die versichern (sollen), daß bestimmte vom Konsumenten abgelehnte Produktionsbedingungen, Stoffe, u.a nicht vorgekommen sind. Werden diese Zertifikate missbraucht, um dem Kunden

    falsche Tatsachen vorzugaukeln, dann ist das Betrug. Schlicht und ergreifend. Möglicherweise ist dies für sie nicht nachvollziehbar, daher ein Beispiel, daß sie womöglich verstehen:

     

    Sie kaufen einen Gebrauchtwagen mit dem Etikett "unfallfrei". Bei der Inspektion wird entdeckt, das der Wagen einen massiven Unfallschaden hatte, der allerdings fachmännisch behoben wurde und die Funktion des Wagens nicht beeinträchtigt. Würden sie sich trotzdem ärgern, weil der Verkäufer Ihnen etwas anderes versprochen hatte?

     

    In dem Fall, so verstehe ich Ihre Aussage zu den Bio-Hedonisten, sind sie ja selbst schuld. Was müssen sie sich denn am unfallfreien Wagen berauschen. Der Wagen fährt doch. Und das der Verkäufer Ihnen den Wagen überteuert verkauft hat (merke: Unfallwagen sind günstiger als unfallfreie), Herrgott, geschenkt. Dieser Ärger über Produktbetrug ist doch "letztlich eben nur eine bequeme Lebenshaltung in einer Überflussgesellschaft"."Die egozentrische Beschäftigung mit" dem Prinzip -you pay for what you get- etwas abgewandelt Du solltest bekommen wofür Du bezahlt hast- macht die Welt nun wirklich nicht besser.

     

    Herzlichst,

     

    Ihr Br(ett)Vo(r'm)Ko(pf)

  • DO
    Dr. Oetker

    Es tut den Bio-Hedonisten mal ganz gut zu sehen dass die Welt durch die egozentrische Beschäftigung mit der Nahrung nicht besser wird und Bio letztlich eben nur eine bequeme Lebenshaltung in einer Überflussgesellschaft ist. Back to the Öko!

  • R
    Rehse

    Überall Lug und Trug und in der großen Beamtenschar finden sich keine Kontrolleure. Oder es fehlen die finanziellen Mittel. Armes Deutschland.

  • T
    T.a.dvokat

    Peta ist keine Tierschutzorganisation, sondern eine Tierrechtsorganisation. Mit Tierschutz hat Peta nun wirklich nichts zu tun, wie man an dem sehen kann was Peta under "compassionate option" versteht

  • A
    Antonietta

    Viele Menschen wissen nicht, dass die Produktion von Freilandeiern sehr wohl mit dem Tod von Tieren verbunden ist. Gleich am Anfang werden nämlich die Hälfte aller Küken umgebracht - mit CO2 vergast, zerquetscht, zerstampft - weil sie Männchen sind (und daher keine Eier legen können). Den Hennen geht es auch nicht viel besser. Auch in der Freilandhaltung müssen sie zumeist zusammengepfercht leben und den Stress der Tiertransporte - auf dem Weg zum Schlachthof - ertragen, wenn sie nicht mehr genug Eier legen oder krank und daher unrentabel werden. Zusätzlich dazu gibt es auch gesundheitliche und ökologische Gründe keine Eier mehr zu essen. Tatsächlich gibt es schon viele Produkte auch ohne Ei, wie z.B. Nudeln, Keks, Kuchen, Majonnaise usw., zu kaufen. Doch auch beim Backen ist es sehr einfach Eier in Kuchen, Torten oder anderen traditionellen Ei-Gerichten zu ersetzen. Wenn ein Rezept nur nach einem oder zwei Eiern verlangt, kann Mensch diese sowieso meist einfach weglassen.

  • SF
    Seb Fornpost

    Etikettenschwindel? Allerdings! Peta hat gelogen, die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen Peta, der taz-Artikel ist schlecht recherchiert und nicht mal das Bild zum Artikel ist aus einem der inkriminierten Betriebe.

     

    Aber so ist das eben, wenn die Ideologie in die Presse gerät: da werden Journalisten schnell zu Spinnern.

  • FT
    Fritz Teich

    Der uebelste Gestank meines Lebens, ein Brandenburger Ei mit einem verfaulten Kueken...

  • BW
    bernhard wagner

    Die Betrüger sollten unter anderem auch die durch den Betrug gemachten geschätzten Gewinne in zweistelliger Millionenhöhe zurückzahlen.

     

    Da natürlich kaum jemand alle Kassenbons seit 2006 aufgehoben hat und nun damit vor Gericht gehen kann, könnte diese Zurückzahlung indirekt dadurch geschehen, dass die Summe an das Land Brandenburg gezahlt wird, das es gezielt für die Förderung verschiedener Nachhaltigkeits-Projekte verwenden sollte (Förderung von Bio-Landwirtschaft, Windparks, Solaranlagen, ÖPNV u.s.w.)