Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Der Parkettplatz 23 war der Stammplatz des Theaterkritikers Theodor Fontane – und zwar im Königlichen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Hier saß er, der damals noch Journalist war, bevor er in seinem 60. Lebensjahr Romane zu schreiben begann und einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller wurde. Seit 1870 schrieb Fontane für die damals wichtigste Berliner Tageszeitung, die Vossische Zeitung, über die Produktionen der Hofbühnen und las seinen Stars die Leviten, deren augenrollender Deklamationsstil dem preußischen Realisten oft auf die Nerven ging. Der „Parkettplatz 23“ jedoch ist schon lange nicht mehr zu finden, denn das Königliche Schauspielhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und von der DDR als Konzerthaus wieder aufgebaut. Doch im Fontanejahr wird man an Fontanes berühmtem Arbeitsplatz nun an diesen Kritiker erinnern. Am 21. 4. bietet das Konzerthaus eine „thematische Führung“ zu Fontane an, und schon der Blog auf der Konzerthausseite verspricht amüsante Kennerschaft (Konzerthaus, 21. 4., 13 Uhr).
Der Komponist Franz Schubert war etwa zwanzig Jahre älter als Fontane, und seine Musik hat Ewigkeitswert. Der im Jahr vor seinem Tod entstandene Liederzyklus „Winterreise“ zum Beispiel, eine nach wie vor gültige Klage über die Vergänglichkeit ebenso wie über politische Erstarrung und Perspektivlosigkeit. Im Theater unterm Dach inszenieren Gabrielė Bakšytė und Christoph Clausen von der Hochschule für Musik Hanns Eisler auf der Basis der Lieder den zweiteiligen Musiktheaterabend „Schubert. Winterreise. Schwanengesang“ – auch um damit noch einmal Schuberts Botschaft zu transportieren: der bei seinem Publikum auch Erkenntnisse befördern wollte über die „Falschheit eures Lebens“, den allgemeinen Wahnsinn, die Lüge von Gemeinschaft und die blinde Einsamkeit (Theater unterm Dach, 19. & 20. 4., jeweils 20 Uhr).
Und da heute diese Kolumne von Größen der Theater- und Musikgeschichte regiert wird, sei zu guter Letzt auf die Filmreihe verwiesen, die die Schaubühne im Gedenken eines ihrer größten Schauspieler, des kürzlich verstorbenen Bruno Ganz, angesetzt hat. Hier gibt es am 19. 4. in zwei Teilen Klaus Peter Steins legendäre Inszenierung „Peer Gynt“ von 1971 zu sehen (Schaubühne, 19. 4., 15 Uhr bis 21.45 Uhr).
Gegenwart pur hingegen erwartet uns im Audiowalk von Rimini Protokoll „Remote Mitte“, der wieder auf dem Spielplan des Maxim Gorki Theaters steht, und zwar in deutscher und englischer Sprache (Gorki Theater: „Remote Mitte“, 23. + 24. 4., jeweils 16 Uhr).
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