Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Jesus war kein Mädchen, das ist schon mal sicher. Oder etwa nicht? Zumindest heißt es in manchen Kreisen, er sei Gottes Sohn gewesen und nicht etwa Gottes Tochter. Ganz davon abgesehen, dass bisher niemand danach gefragt hat, in wieweit Gott überhaupt Vater statt Mutter ist. Nun ist diese Theaterkolumne vielleicht auch nicht der Ort, diese Fragen erschöpfend zu erörtern. Ein Theaterabend bietet da schon ganz andere Möglichkeiten, in der Schaubühne beispielsweise. Hier geht Patrick Wengenroth am 13. Dezember mit seiner neuen Arbeit „He? She? Me! Free.“ an den Start, der sich mit Genderfluidität befasst. „Ließe sich den fixen Zuschreibungen und Kategorien vielleicht der Gedanke eines permanenten Werdens entgegensetzen?“ wird im Ankündigungstext gefragt. Näheres muss dann der Abend selber liefern. (Schaubühne: „He? She? Me! Free.“, Premiere 13. 12., 19:30 Uhr).
Auch im Jahr dreißig nach dem Untergang der DDR beschäftigt deren Staatssicherheitsdienst die Gemüter (und die Fantasie). Ein Teil der Tragik, die den Arbeiter und Bauernstaat (der korrekt gegendert eigentlich Arbeiter*innen- und Bäuer*innenstaat heißen müsste) am Ende das Leben kostete, war, das seine Funktionär*innen wenig bis nichts von Kunst verstanden und hier deshalb die permanente Verschwörung witterten. Dies nimmt in der Volksbühne nun der Regisseur Leander Haußmann aufs Korn, wo er am 14. Dezember „Haußmanns Staatssicherheitstheater“ eröffnet. Versprochen wird eine Komödie über Verrat, die große Stunde der Dilettanten und den Wert der Kunst. Mit von der Partie sind alte, ja legendäre Volksbühnengesichter wie Silvia Rieger, Uwe Dag Berlin und Sir Henry. Wie ja überhaupt Leander Haußmann ein großer Talent- und Gesichtsentdecker ist: von Alexander Scheer bis Daniel Zillmann. (Volksbühne: Premiere: 14.1.2, 19:30 Uhr.)
Dass aber Staaten abstürzen, wie etwa die DDR, passiert grundsätzlich eher selten. Häufiger dagegen stürzen Flugzeuge ab und einen solchen Fall untersucht der Schrulligkeitsvirtuose unter Europas Theatermachern, Philipp Quesne, in seinem neuen Stück im HAU2. „Crash Park. Das Überleben einer Insel“ ist es überschrieben und es geht darin um die Geschichte einer Insel, die nur von ein paar Palmen und einigen wenigen Tierarten bevölkert wird. Das friedliche Gleichgewicht gerät durch die Ankunft von Überlebenden eines Flugzeugabsturzes durcheinander. Das biblische Paar Adam und Eva ist nicht unter den Überlebenden. Trotzdem geht es vielleicht um eine Art Rückkehr ins Paradies. (HAU2: „Crash Park“, 19., 20. und 21.12., jeweils 19 Uhr).
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