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Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Wir lieben das Happy End. Doch das Theater liebt die Dystopie. Das ist das Gegenteil von Happy End, das schlechteste aller Enden nämlich. Doch nichts ist schöner, als ein Abgrund, in den man nicht fallen kann: ein Theaterabgrund also. Einer, der die Abgründe liebt, ist der katalanische Filmregisseur Albert Serra. Corpus Delicti: Serras Film über den Tod des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. von 2016. Oder sein 100-stündiger Filmexzess „Three Little Pigs“, der 2012 für die Documenta in Kassel entstand. Bei den drei titelgebenden Schweinchen handelt es sich aber nicht um die Protagonisten des berühmten englischen Märchens, sondern um Goethe, Hitler und Fassbinder. Jener Serra also wurde nun von der Dercon-Volksbühne für seine erste Theaterarbeit gecastet. „Liberté“ heißt die Geschichte, die die Abgründe des Ancien Régime ausleuchtet, das unserer Gegenwart manchmal recht ähnlich sieht: anhand einer Geschichte über Ludwig XVI., dessen Leben unter der Guillotine endete. Mit von der Partie sind Altstars des Kinos wie Ingrid Caven (die mit Rainer Werner Fassbinder verheiratet war) und Helmut Berger, der 1972 schon Viscontis bayerischer Märchenkönig Ludwig II. war und 2013 zuletzt als Kandidat im Dschungelcamp von sich reden machte. Im Rahmenprogramm wird in einem 15-tägigen Marathon auch der Film „Three Little Pigs“ (ab 23. 2.) gezeigt. Unendlicher Spaß also (Volksbühne: „Liberté“, Premiere: 22. 2. 19.30 Uhr).

Das Wort vom unendlichen Spaß, das auch der Titel eines berühmten Romans von David Foster Wallace ist, stammt aus Shakespeares „Hamlet“: als die Totengräber bei Ausheben einer Grabstelle auf einen Schädel stoßen, der dann dem einstigen Hofnarren Yorick zugeordnet werden kann. Foster Wallace überschrieb mit „Infinite Jest“ eine multiperspektivische Totenklage auf unsere von Unterhaltungs- und Konsumsucht existenziell entleerte Gesellschaft. Thorsten Lensing bringt nun den Extremstoff in den Sophiensælen auf die Bühne, mit Devid Striesow, Ursina Lardi und Jasna Fritzi Bauer (Sophiensäle: „Unendlicher Spaß“, 22., 24. & 25. 2., jeweils 19 Uhr).

„Hamlet“ inspirierte auch Heiner Müller zu seinem Text „Hamletmaschine“ (1977). Im Gorki Theater unterzieht Sebastian Nübling das Stück gemeinsam mit dem Exil Ensemble einer neuen Befragung. (Gorki Theater: „Die Hamletmaschine“, 24. & 28. 2., jeweils 19.30 Uhr). Und „Wir sind die Zukunft“ heißt es ab 27. 2. in der Schaubude, die ein Festival mit künstlerischen Positionen zum digitalen Leben veranstaltet (Schaubude: „Wir sind die Zukunft“, 27. 2.–6. 3. Alle Infos: www.schaubude.berlin).

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