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Essay Neues MediengesetzDas ungarische Desaster

Kommentar von G. M. Tamás

Das neue Mediengesetz ist nur die Spitze einer Entwicklung: Ungarns Regierungschef Viktor Orbán ist weit vorangekommen bei seinem autoritären Umbau.

Protest in 23 Sprachen: Mit diesem Titel erscheint heute die größte überregionale Zeitung Ungarns.

I ch hasse es, diesen Artikel zu schreiben. Weil ich mich den alarmierenden autoritären Entwicklungen in meinem Land entgegenstelle und für die Wiederherstellung der Bürgerrechte plädiere, könnte ich als jemand erscheinen, der ich definitiv nicht bin: jemand, der glaubt, dass die liberale Demokratie in ihrer europäischen Ausprägung des 21. Jahrhunderts eine politische Ordnung ist, die unreformiert am Leben erhalten werden sollte.

Niemand wünscht sich diese Welt zurück, in der Chaos, Armut, Korruption, Kriecherei, Bestechlichkeit, Schacher, Verachtung der Unterschichten, Ungleichheit und Heuchelei anfingen sich auszubreiten, und das in dem legendären Jahr aller unserer Hoffnungen - 1989. Als einer der Gründungsväter der ungarischen Republik bin ich alles andere als stolz. Im Gegenteil.

Auch will ich nicht im Namen eines wolkigen Europäertums im Namen von Sarkozy, Berlusconi, Bossi, Geert Wilders und Horst-"Multikulti ist tot"-Seehofer sprechen. Nicht viele Menschen würden Kritik vonseiten der EU gutheißen, mit ihrer idiotischen Politik unmöglich niedriger Defizitvorgaben, strenger Sparmaßnahmen, Kürzungen im öffentlichen Sektor und einem allgemeinen Sozialabbau - eine Politik, die den ärmeren und schwächeren Mitgliedstaaten riesige Probleme bereitet.

Über den Autor

G. M. TAMÁS ist ein ungarischer Philosoph. Er wurde 1948 in Kolozsvár/Klausenburg (Siebenbürgen, Rumänien) geboren. 1978 emigrierte er nach Ungarn, wo er als Dissident mit Berufsverbot belegt war. Er war Mitglied der demokratischen Opposition und bis 1994 liberaler Abgeordneter. Heute ist er Vorsitzender der Partei "Grüne Linke Ungarn" (Zöld Baloldal), einer linksradikalen Kleinpartei.

Die ungarische Geschichte ist ein lehrreiches und warnendes Beispiel, das zeigt, wie zerbrechlich die europäischen bürgerlichen Demokratien in diesen wirren und dekadenten Zeiten geworden sind. Dort, wo soziale Solidarität und der Zusammenhalt aufgrund von Gerechtigkeit fehlen, kann von den Bürgern nur schwerlich erwartet werden, dass sie liberale Institutionen, Checks and Balances und Gewaltenteilung verteidigen.

Ihre Mehrheit ist gewaltig

Seit April 2010, als die ungarische Rechte eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erreichte, und vor allem nach den Kommunalwahlen im September (die Rechte bekam 93 Prozent in den Dörfern und Städten und stellt jetzt die Mehrheit in allen Regierungsbezirken) wurden fieberhaft Gesetze verabschiedet, die Ungarn für immer verändern könnten.

Zunächst verurteilte das Parlament in einem feierlichen Akt den Vertrag von Trianon von 1920 und stellte Angehörigen der ungarischen Minderheit in den Nachbarstaaten die ungarische Staatsbürgerschaft in Aussicht. Sodann wurden alle staatlichen Institutionen und öffentlichen Gebäude angewiesen, ihre Wände mit dem grundsätzlichen Bekenntnis des neuen Regimes zu schmücken - der Erklärung zu einer Nationalen Kooperation (das Regime nennt sich offiziell System "Nationaler Kooperation", und die Regierung ist eine Regierung der Nationalen Einheit).

Weiterhin wurden die Wahlgesetze geändert, um es kleinen Parteien zu erschweren, ins Parlament zu gelangen. Außerdem wurde das Verfassungsgericht kastriert. Zu guter Letzt wurden die Spitzenposten bei der Generalstaatsanwaltschaft für neun Jahre, des Rechnungshofes sowie der lokalen Rechtsorgane mit Politikern des rechten Flügels besetzt. Die Geheimdienste wurden umstrukturiert und ein neues Antiterrorismuszentrum unter Leitung von Viktor Orbáns früherem persönlichen Leibwächter geschaffen.

Die Regierung hat das Führungspersonal in allen staatlichen Behörden ausgetauscht - vor allem bei der Polizei, den Steuer- und Zollbehörden und in der Armee. Sie hat ein Gesetz verabschieden lassen, wonach alle Staatsbediensteten ohne Begründung entlassen bzw. Nachfolger ohne die erforderliche Qualifikation eingestellt werden können. Gegen frühere Funktionäre - allesamt Sozialisten oder Liberale - wird wegen Korruption ermittelt, oder es sind Verfahren anhängig.

Neue Bildungsgesetze wurden verabschiedet oder sind in Vorbereitung. Sie bekräftigen Disziplin, machen die Prüfungen schwerer und geben Schuldirektoren größere Machtbefugnisse. Diese Maßnahmen zielen auf eine Trennung der Eliteschulen von anderen Bildungseinrichtungen und auf eine Verringerung der Zahl von Hochschulstudenten. Ein landesweiter nationaler Lehrplan für Geschichte und Geisteswissenschaften wird eingeführt.

Die nationale Pädagogik hört hier jedoch nicht auf: Soziale Unterstützung können nur noch diejenigen erhalten, die in "geordneten Verhältnissen" leben. Das ermöglicht es der kommunalen Verwaltung, die Unterstützung missliebiger Schichten und Minderheiten zu verweigern. Bei einigen Angestellten des öffentlichen Dienstes ist es dem Staat erlaubt, Nachforschungen über ihr "untadeliges Privatverhalten" inklusive ihrer Familien anzustellen. Kleine Diebstähle werden unabhängig vom materiellen Wert streng bestraft, auch wenn die Täter minderjährig sind. Bei der dritten Verfehlung kann eine besonders schwere Strafe verhängt werden. Das Ergebnis ist, dass der Staat bereits geschlossene Gefängnisse wieder öffnen musste.

Konservative Köpfe von akademischen Institutionen haben vor den Wahlen damit begonnen, weitreichende, politisch motivierte Säuberungen durchzuführen. Und diese werden unaufhörlich fortgesetzt. Zwei bedeutenden Forschungsinstitute, die zuvor vom Staat finanziert wurden - das 1956-Institut und das Institut für politische Geschichte - wurden die Gelder entzogen. Alle Universitäten sind fest in konservativer Hand. Theaterleiter sind durch traditionalistische Konservative ersetzt worden - die Operette tritt an die Stelle der Avantgarde. Alternative und freie Theater haben ihre finanzielle Unterstützung verloren.

Filme, Bücher, Zeitungen

Die Finanzierung der ungarischen Filmindustrie ist vollständig gestrichen worden. Als Nächstes, so wird gesagt, komme das Verlagswesen an die Reihe. All dem folgt das infame Mediengesetz, das in der internationalen Presse Gegenstand intensiver Berichterstattung war. Dieses Gesetz erlaubt der Regierung, neben einer offenen politischen Zensur von Inhalten, die Medien mit Strafen zu ruinieren, die von einer Medienaufsichtsbehörde willkürlich festgelegt werden. An der Spitze dieser Medienbehörde steht eine rechtsgerichtete Politikerin, die auf neun Jahre ernannt wurde und die die Macht hat, Radiofrequenzen zu vergeben und Inhalte im Internet zu zensieren.

Aber all das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich als Positive Zensur bezeichne. Diese räumt dem Staat die Macht ein, Medien zu zwingen, Nachrichten oder Inhalte zu verbreiten, die "Angelegenheiten von nationaler Bedeutung" enthalten oder andernfalls mit Strafen belegt zu werden. Strafen in Millionenhöhe können über Medien verhängt werden, die die Gefühle von Minderheiten oder Mehrheiten verletzen. Die Medienbehörde selbst darf darüber richten. Der öffentliche Rundfunk wird zentralisiert. Nachrichten fürs öffentliche Radio und Fernsehen werden ausschließlich von einem neuen Zentrum aus verbreitet, das Teil der staatlichen Nachrichtenagentur ist, und von niemandem sonst. Die Chefs der öffentlichen Kanäle sind alle neu ernannt worden, es sind alles rechtsgerichtete Journalisten, die meisten kamen von rechten Talkradios und den rechten oder extremen Kabelsendern. Hunderte Journalisten im öffentlichen Rundfunk sind schon gefeuert worden, anderen ist dies in Aussicht gestellt.

Das Recht zu streiken ist extrem eingeschränkt worden. Die Verhandlungsrechte von Mediengewerkschaften sind offen ignoriert worden. Die Sozialgesetzgebung transferiert Geld von den Armen an die weiße und junge Mittelklasse. Eine einheitliche Steuer wird eingeführt, die die Reichsten bevorteilt, während die indirekten Konsumsteuern brutal angehoben werden.

Und das Land verhält sich ruhig.

Die Kritik des Mainstreams am System der nationalen Kooperation ist ineffektiv, denn sie wird als Unterstützung der vorherigen Regierung wahrgenommen - im Einzelnen der neokonservativen sozialen und ökonomischen Politik, die ganz tief und zu Recht unpopulär ist, verbunden mit einer liberalen Fassade, einem künstlichen Pluralismus und einer Toleranz, die von vielen als unwichtige und perverse Spiele der abgehobenen, städtischen Eliten erlebt wurde. Es gibt keine Trauer um die Demokratie, da fast niemand geglaubt hat, dass wir in einer Demokratie lebten. Justiz und Polizei haben nicht erst heute angefangen, unfair, ungerecht, brutal und ineffektiv zu sein.

Offene rassische Trennung

Die Orbán-Regierung war ganz außerordentlich erfolgreich darin, rechtsextreme, paramilitärische Gruppierungen zu spalten und zu zerschlagen, um damit einem aufkommenden einheimischen rassistischen und faschistischen Terrorismus Einhalt zu gebieten. Gewiss mit fragwürdigen Polizeistaatsmethoden, die aber natürlich in diesem Fall von den Liberalen nicht kritisiert wurden. Die Roma-Frage wird als ein Problem der Kriminalität behandelt, die rassische Trennung wird von der Rechten ganz offen propagiert, Integrationsprogramme sind eingestellt worden. Fragen der Rasse oder der Ethnizität sind aus den öffentlichen Diskussionen verschwunden, das noch verbliebene Mitte-links-Spektrum hat sich von diesem Thema verabschiedet, weil es hoffnungslos ist. "Antifaschismus ist ein Verbrechen", hat ein führender konservativer Kolumnist, Universitätslehrer und Redakteur einer angesehen Monatszeitschrift erklärt.

An diesem Punkt stehen wir heute. Es gibt keinen Weg zurück zu einer erfolglosen und unpopulären liberalen Ära. Eine Alternative zu einer neuen autoritären Ordnung ist derzeit nicht in Sicht.

Übersetzung aus dem Englischen: Barbara Oertel und Georg Baltissen

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19 Kommentare

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  • D
    daswois

    Was ist schon ein Mediengesetz in Ungarn verglichen mit der politisch korrekten Scheere in den Köpfen der deutschen Journalsiten?

     

    bruhaha, noch von irgendwas ne ahnhung, hat man euch nicht auch gesagt ihr müsstet auf löhne verzichten um firmen zu halten? habt ihr geglaubt, ne ? ach so , immer noch..., dann sach mal bescheid bei dem du dich bedanken tust, das die platte alt ist... ist ja ganz famos was da abläuft, das ham wa ja noch nie gesehen, ui ui ui, boah was für eine sensationelle entwicklung !

  • VR
    Vladimir Rott

    Ich würde Herrn Tamás korrigieren,

    seinen »Schlüsselsatz«, wo es um Glauben geht:

    »Es gibt keine Trauer um die Demokratie, da fast niemand geglaubt hat, dass wir in einer Demokratie lebten.« (*)

    auf

    »Es gibt keine Trauer um die Demokratie, da fast niemand die Demokratie kennt.«

    _________

    (*) den ich ins Tschechische übersetzt bekam (mit Link auf diese tschechische Übersetzung: http://blisty.cz/art/56434.html

  • P
    Procust

    An Norman Thomas: Die Schlagzeile am obigen Bild übersetzt: "In Ungarn ist es aus mit der Pressefreiheit". Sie sehen auch in Ungarn darf man noch schreiben was man will, auch in sich wiedersprüchliches.

  • S
    Schottenwiener

    Hallo, weiß jemand wo das englische Original erschienen ist? (Ganz unten steht, dies hier sei eine Übersetzung aus dem Englischen) Würd nämlich den Artikel gerne an einen englischen Freund weiterleiten.

    Vielen Dank im Voraus!

    Grüße

  • EU
    Ein Ungar aus Deutschland

    @ Eine Deutsche aus Budapest

     

    Jajaja, die Sozialisten haben das Land ausgeplündert. So jedenfalls die Rechte Propaganda!!!!

     

    Selbst wenn das stimmen sollte, ist das noch keine Rechtfertigung für die derzeitige Politik!

  • ED
    Eine Deutsche aus Budapest

    Armer Tamás Gáspár Miklós!

    Warum hat er bloß seinen Artikel nicht früher geschrieben... z.B. als seine lieben Sozialisten zusammen mit den Liberalen das Land pratisch ausgeplündert haben.

    Das Miediengesetz ist am Silverstertag erschienen.

    Danke, TGM!

  • O
    OSSI

    schland, o schland - die welt soll an deinem wesen genesen ...

    ungarn benötigt keine ratschläge aus dem quasi sozialistischen westlager. dort weiss man bis heute nicht, was demokratie ist: volksherrschaft. in ungarn funktioniert die prima. wie früher in den "volksdemokratien" der kommunistischen ostwelt, die dort - komisch eigentlich - niemand mochte. bei den paar hundert millionen toten (ohne die des wk II) wirklich rätselhaft...

  • CM
    claudio monteverdi

    Hoffnungsschimmer der Erleuchtung im Kopf eines Paradeliberalen der ersten Stunde und Feind von Orban der Publizist-Philosoph G. M. TAMÁS.

    Dieser Artikel ist ein Selbstbekenntnis. Die Politik der Linksliberalen (keine konstruktive Avantgarden wie man das so „romantisch“ vorstellt) war eine Sackgasse voller Staats- und Gesellschaftschädigender Korruption, ein „Allessdürfen“-Ideologie der kosmopolitischen Subversion zur Zerstörung der Grundwerten des Christlichen und Traditionellen Magyarentums. Im Auge eines Liberalen im engsten Sinne ist das Wort „Magyar“ ein nationalistischer (nazistischer) Reizwort das andere Rassen der Eigenen nicht als Gleichwertige duldet. Man machte leider die Erfahrung, daß wertvolle liberale Denker die maßgeblichl an einer demokratischen Politischer Wende Ungarns mitbeteiligt waren sich plötzlich von der Staatlichkeit Ungarn abgewandt haben. Warum?? …man kann hier nur Spekulationen anstellen.

     

     

    Die Kritik des Mainstreams am System der nationalen Kooperation ist ineffektiv, denn sie wird als Unterstützung der vorherigen Regierung wahrgenommen - im Einzelnen der neokonservativen sozialen und ökonomischen Politik, die ganz tief und zu Recht unpopulär ist, verbunden mit einer liberalen Fassade, einem künstlichen Pluralismus und einer Toleranz, die von vielen als unwichtige und perverse Spiele der abgehobenen, städtischen Eliten erlebt wurde. Es gibt keine Trauer um die Demokratie, da fast niemand geglaubt hat, dass wir in einer Demokratie lebten. Justiz und Polizei haben nicht erst heute angefangen, unfair, ungerecht, brutal und ineffektiv zu sein.

     

    Die Orbán-Regierung war ganz außerordentlich erfolgreich darin, rechtsextreme, paramilitärische Gruppierungen zu spalten und zu zerschlagen, um damit einem aufkommenden einheimischen rassistischen und faschistischen Terrorismus Einhalt zu gebieten. Gewiss mit fragwürdigen Polizeistaatsmethoden, die aber natürlich in diesem Fall von den Liberalen nicht kritisiert wurden. Die Roma-Frage wird als ein Problem der Kriminalität behandelt, die rassische Trennung wird von der Rechten ganz offen propagiert, Integrationsprogramme sind eingestellt worden. Fragen der Rasse oder der Ethnizität sind aus den öffentlichen Diskussionen verschwunden, das noch verbliebene Mitte-links-Spektrum hat sich von diesem Thema verabschiedet, weil es hoffnungslos ist. "Antifaschismus ist ein Verbrechen", hat ein führender konservativer Kolumnist, Universitätslehrer und Redakteur einer angesehen Monatszeitschrift erklärt.

    An diesem Punkt stehen wir heute. Es gibt keinen Weg zurück zu einer erfolglosen und unpopulären liberalen Ära. Eine Alternative zu einer neuen autoritären Ordnung ist derzeit nicht in Sicht.

  • EU
    ein Ungar aus Berlin

    Ich schreibe auf Englisch, es ist immer noch einfacher für mich.

     

    I had a bed feeling more and more about Hungary in the last decade. But I never thought what is happening now wpould be possible within the EU.

     

    I started to go to the gay prides in 1999. I was waiting that it would become bigger and bigger, but it was always around 2000 people, no more. This is also the apolitical attitude of the hungarian gays. At the beginning it was a peaceful demonstration, the aggressive contra-demonsttations started in the last 3-4 years. But this was only one reason I moved from there.

     

    My father worked for a company in Hungary that become part of Siemens in the 90-ies. He earned a bit above the average, around 500 euros netto a months (that is around 1000 euros brutto). Our family felt poorer and poorer, year by year ever since the change in 1989. This is a typical story, for many families in Hungary. Despite this, i was always appreciating the, freedom we got back then: travelling, freedom of speech, freedom of fun in many ways before was not available to us.

     

    Then when i started to work my frustaion grew. I was working for a british company, and my brutto salary was 1000 euro too, and i got around 450 euros in my hand. As there is no social system like here noone helped me with more money to pay my rented flat and the rent of a flat is like in Berlin, so in the end i had for myself like 150 euros. And by now the prices are pretty the same in Budapest and Berlin. There is a big social tension out there, and this is a lot based on an economy that tried to be attractive always by cheap and relatively educated labour and the EU that let that happen without demanding and controlling the better using its financial help. Why i did not become an antieuropean and antidemocrat i dont know. The frustration was there. I think because i never beleived that there was a fully developed democracy in Hungary. Now i am very dissappointed that the EU is not doing much about this. But also sadly I must realize that most of the hungarian dont want a change at all. They hate liberal democracy, because they have been told that was there so far. I think the problem is that there was not ever really in Hungary a liberal democracy.

  • FM
    Frank M

    Die Demokratien sind noch in der Entwicklung - das zeigt das Beispiel Ungarn nun endlich einmal. Und dann war es das auch schon, mit den guten Seiten dieses Abwärtstrends. Der Politik wird der Hals immer enger geschnürt, solange sie keine Möglichkeit findet, den Strudel der Öffentlichen Meinung, der Kritiksucht, im demokratischen Sinne zu befriedigen. Kein Politiker kann eine Entscheidung fällen, ohne im Medienspiegel danach nicht zerpflückt zu werden. Die Politik muss Entscheidungsfelder abgeben, in denen sie keine Kompetenz erlangen kann. Sozialpolitik und Steuerpolitik ließen sich mit einfacheren Mechanismen der Willkür entziehen. Die vielen kleinen Räder sind es, die die Politik diskreditieren und sie fremden Interessen ausliefern.

     

    BGE und Konsumsteuer ist, soweit ich das aus der erbärmlichen Position eines Politikstudenten beurteilen darf, überlegenswerte Wege, die wieder Verantwortung auf den Bürger übertragen und die Folgen der Globalisierung eindämmen.

  • BB
    besorgter bürger

    tja da sieht man mal wieder zu was eine rechte oder rechtsgerichtete regierung in der lage ist.

     

    ich frage mich nur welcher bürger ernsthaft hinter einer solchen radikalen änderung der verhältnisse steht die in dieser form ja wirklich jeden betreffen und das bei den wenigsten im positiven sinne.

    das problem an dieser sache is ganz einfach das ein solches umstruckturieren der regierung und ämter in einem land niemals oder nur sehr langwierig rückgängig gemacht werden kann.

    Dass ein solcher rechtsruck mittlerweile immer weitere kreise zieht sollten wir ausserdem mit sorge betrachten...

     

    besorgter bürger

  • K
    klömpi

    Anstatt über die grotesk schlimme Situation herumzulamentieren, sollte man lieber mal hinterfragen, was der Wegbereiter für den brutalen Rechtsruck der Ungarn war - eine langjährige "linke" politische Führung, die nur versprochen und angepriesen hat, aber nichts, rein gar nichts umgesetzt hat von ihren Wahlversprechen von mehr Gerechtigkeit etc., stattdessen haben sich die Bonzen schön in die eigene Tasche gewirtschaftet und dicke Villen in bester Lage gebaut - damit meine ich jetzt mal nicht das Saarland ;-)

    Nur wenn man die Auslöser antizipiert, kann man so etwas in anderen Staaten vermeiden. Die nächste Wahl kommt auch in Ungarn, und da wird sich das Volk hoffentlich wieder anders entscheiden - für Umstürze waren die Magyaren immer zu haben und das ist auch gut so. Wir in D sollten trotzdem genau hingucken, wem wir die Macht in die Hände legen.

     

     

    Grüße, Klömpi

  • FR
    Fred Roby

    Ein beeindruckender und alarmierender Artikel.

  • TL
    taz Leser

    Da die ungarische Regierung nichts anderes tut, als den Willen ihrer Wähler umzusetzen, sollten die EU-Bürokraten sich lieber mal ganz bedeckt halten. Denn im Gegensatz zur ungarischen Regierung sind sie demokratisch nicht legitimiert.

  • OI
    Ostyani Istvan

    Was zum gütigen Himmel könnte der ungarische Durchschnittsbürger dazu sagen? Einzeln sind wir alle entweder eingeschüchtert oder - immer weniger von uns - vom guten Willen der Regierung überzeugt.

    Bedeutende Zivilorganisationen gibt es nicht mehr oder diejenigen, die noch bestehen, sind behördlich strengstens begrenzt.

    Medienarbeiter und staatliche Angestellten hören nichts mehr, sehen nichts mehr und schweigen dazu rein aus Angst um den Lebensunterhalt.

    Medien, die noch Widerstand leisten werden nach und nach bedroht und bestraft, Reporter, die widersprechen werden suspendiert.

    Behörden und Autoritäten wird langsam mehr und mehr Selbständigkeit beim Schlussmachen und Massnahmentreffen, so wird es immer gefährlicher irgendeinen Protest zu erheben. Von Leuten, von ihrem Verhalten und ihrer Meinung werden Aufzeichnungen geführt, Leute befürchten ihren Nächsten.

    Als eine letzte Möglichkeit scheint "die Macht der Öffentlichkeit der demokratischen Welt" zu sein. Einige warten auf irgendeine schicksalswendende offizielle Stellungnahme der EU, die Union wird aber die unangenehme Verantwortung immer damit abwehren können, dass die Ungarn sich damals als Demokraten deklariert hatten, so solle bitteschön ein jeder seine Pforte selber in Ordnung halten.

    Man wartet nun beängstigt und still auf den Wendepunkt, der aber, wenn es schilesslich bis dahin kommt, wird kein friedlicher und ungewaltiger mehr sein...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Das passiert, wenn Demokratie längere Zeit lediglich als Worthülse wahrgenommen wird.Europas Demokraten müssen sich an die eigene Nase fassen. Die Infektionsgefahr ist groß...

  • B
    BeobachterHH

    Es ist schon erstaunlich. Früher hatte man dem Ostblock derartige Medienmanipulationen mit einer Einheitsmeinung vorgeworfen...der Sozialismus kannte keine wahre Meinungsfreiheit. Die Vorwürfe waren also völlig berechtigt. Doch nun fängt ein "kapitalistisch-marktwirtschaftlicher", bürgerlicher Staat auch damit an? Was Nun? Könnten "Sozialismus" und "Kapitalismus" vielleicht mehr gemeinsam haben, als man bislang meint? Ich denke ja. Sie sind beides Reproduktionsformen, die auf Warenproduktion basieren, sie betreiben beide Wertschöpfung, sind beide kapitalistisch, unterscheiden sich lediglich in ihrer politischen Legitimationsform und der Ausrichtung der sozialen Ansprüche. Es sind beides Zwangssysteme, die Menschen in die Form der abstrakte Arbeit zwingen, um wertmäßigen Reichtum zu generieren. Das lässt sich, so oder so, nur durch Restriktionen aufrecht erhalten. Wie sich diese zeigen, das hängt von der jeweils konkreten historischen Situation ab. Ungarn war von der Krise 2007-2009 stark betroffen. Als Lösung wird nun ein Rechtsruck angeboten. Kommt uns das nicht auch aus der Geschichte bekannt vor? ...so 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts...???

  • NT
    Norman Thomas

    @Magyar wenigstens darf man hier schreiben was man will.

     

    Das Problem ist ein europäisches. Wenn es Europa nicht schafft diese Entwicklung zu stoppen, ist Europa am Ende. Ich meine finanziell ist Europa schon scheintot, was bleibt sind die ideellen Werte. Mit einem solchen Mitgliedsland frage ich mich ganz ehrlich: "Wer braucht Europa noch?", meine Unterstützung hat es so jedenfalls nicht.

    Und würde es Volksabstimmungen zum Thema EU geben, gäbe es sowieso kein Land mehr, was in der EU bleibt.

     

    Armes Europa. Eine gescheiterte Idee (auch wenn es eine gute war).

     

    Grüße

  • M
    Magyar

    Was ist schon ein Mediengesetz in Ungarn verglichen mit der politisch korrekten Scheere in den Köpfen der deutschen Journalsiten?