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Archiv-Artikel

Eskalation löst keine Probleme KOMMENTAR VON GEORG BALTISSEN

Peinlich, peinlich. Israels Armee und Geheimdienst haben sich von der Hisbollah schlicht übertölpeln lassen. Um zu ahnen, dass die libanesische Miliz dem israelischen Einmarsch im Gaza-Streifen nicht tatenlos zusehen werde, musste man kein Nahostexperte sein. Der Angriff der Hisbollah war vorauszusehen. Israels Führung hat sich stümperhaft, ignorant und gegenüber den eigenen Soldaten verantwortungslos verhalten. Ohne Konsequenzen dürfte das nicht bleiben.

Blindwütige Militärschläge oder die mögliche Wiederbesetzung des Südlibanons werden den Konflikt nur weiter internationalisieren und eskalieren. Lösen werden sie nichts. Zuletzt entführte die Hisbollah im Jahre 2000 drei israelische Soldaten, deren Leichen vier Jahre später im Tausch gegen 430 gefangene Palästinenser und Libanesen wieder zurückgegeben wurden.

Der Kurs, den die israelische Regierung derzeit verfolgt, lässt allerdings kaum darauf hoffen, dass ein Gefangenenaustausch in nächster Zeit die Lage wieder beruhigen könnte. Erneut werden dutzende Menschen, vor allem Libanesen und Palästinenser, ihr Leben verlieren, Städte und Dörfer zerstört werden. Und wieder werden die Israelis im Norden in Bunkern sitzen, um Schutz vor heranfliegenden Katjuschas zu finden.

Die sinnlose Eskalation der militärischen Gewalt im Nahen Osten, die gleichermaßen auf das Konto Israels, der Hisbollah und der militärischen Gruppen der Hamas geht, unterstreicht jedoch erneut, wie notwendig politische Interventionen von außen sind, um die Lage zu entschärfen. Es rächt sich heute, dass die USA, Europa und die UNO Israelis und Palästinenser nicht längst zum Einlenken gezwungen haben. Wohl auch in der irrsinnigen Hoffnung, dass es nicht so schlecht sei, wenn Israels Panzer der Hamas-Regierung den Garaus machen würden.

Jetzt ist ein politisch-diplomatisches Eingreifen weitaus schwieriger, dafür aber notwendiger als je zuvor. Jetzt darf die internationale Gemeinschaft wieder einmal Feuerwehr spielen, aber ohne Aussicht, den Brand zu löschen. Also ohne Hoffnung auf eine politische Beilegung des Konflikts – und ohne Hoffnung für die gemarterten Menschen in dieser Region.