■ Ehre, wem Ehre gebührt: Es straußelt
Der Vorschlag ließ das Herz aller Exil-Bajuwaren in Berlin höher schlagen: Endlich sollte der verblichene Landesvater FJS im fernen Preußen zu Ehren kommen. Eine Boulevardzeitung kolportierte gestern einen Vorstoß des stets innovativen Verkehrssenators, die Wilhelm-Pieck-Straße in Franz-Josef-Strauß-Straße umzubenennen. Hut ab, Herr Senator, das war überfällig. Nun muß man es ja nicht übertreiben wie die Zeitschrift Titanic, die seinerzeit, nach dem Ableben von FJS und dessen wahrhaft monarchischer Beisetzung, gleich die ganze Münchner Innenstadt umbenennen wollte: Sämtliche Straßen wurden nach amerikanischem Vorbild in Straußstraßen, jeweils mit einer Nummer vorneweg, verwandelt, Schwabing in Straußing, das Lehel in Straußel und so fort. Immerhin heißt jetzt der neue Münchner Flughafen nach FJS, und wenigstens eine Straße in der Hauptstadt ist doch das mindeste, gell. Und nicht irgendeine soll es sein, sondern eine große, am besten eine, die unerträglicherweise immer noch nach einem von diesen roten Socken heißt. Das zeugt einerseits von Gespür für den Umgang mit der Vergangenheit; andererseits ist es ein unerhört kluger Schachzug, dürfte doch der Widerstand der CSU-Fraktion gegen den Regierungsumzug in sich zusammenbrechen. Wer ob so viel politischen Weitblicks – Ende des Monats will die Unionsfraktion über den Umzugstermin entscheiden – mißtrauisch wird, sieht sich leider bestätigt: Der Herr Senator dementierte. Schade eigentlich. Denn anders als Willy Brandt ist FJS schon lange genug tot, so daß der Senat nach dem Berliner Straßengesetz unverzüglich handeln könnte. Mehr noch. Strauß' fünfter Todestag fällt just auf den 3. Oktober, mittlerweile der Nationalfeiertag aller Deutschen. Was könnte man da für eine hübsche Feier veranstalten. Kordula Doerfler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen