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Es ist überall drinUnser täglich Öl

Es steckt im Pulli, in Tabletten, im Computer und Gemüse: Erdöl. Was vor Millionen Jahren unter enormem Druck und mithilfe von Bakterien entstand, ist heute überall.

Strohhalme, auch aus Öl. Bild: Horia Varlan – Lizenz: CC-BY

Erdöl landet nicht nur im Ofen und im Auto, sondern auch im CD-Regal, in unseren Klamotten und sogar im Kühlschrank. Und das geht so: Erdöl ist eigentlich ein Sammelsurium aus vielen unterschiedlichen Bestandteilen. Mindestens fünfhundert verschiedene Verbindungen, hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff, sind darin enthalten. In Rohform können wir das Öl für gar nichts gebrauchen.

Um die Stoffe alle auseinanderzupflücken, verwenden die Menschen in der Raffinerie der Erdölfirma einen Trick: Alle Verbindungen im Rohöl kochen nämlich bei unterschiedlichen Temperaturen. So kann man in einem hohen Turm die Einzelbausteine aus dem erhitzten Öl der Reihe nach abfangen: Benzin und Diesel für die Autos, Heizöl, Petroleum für die Lampen und Kerosin, den Flugzeugsprit. Fraktionierte Destillation nennt sich dieses Verfahren.

Dabei wird noch ein besonderer Stoff abgetrennt: Naphtha, das Leichtbenzin. "Naphtha ist der Grundstoff für fast alle chemischen Produkte", sagt Manfred Ritz vom Verband der Chemischen Industrie, VCI. Ritz beschäftigt sich nahezu täglich mit dem Rohstoff, denn 90 Prozent von allem, was in Deutschland in Firmen chemisch hergestellt wird, hat Erdöl zur Grundlage. Jede Firma will es haben: zum Erhitzen, Pressen, Zerstückeln und Wiederzusammensetzen, um es mit Wasser zu bedampfen oder zu Ringen zu formen. Erst so kommen all die Bausteine heraus, die sich später in unseren Wohnungen wiederfinden.

Bild: taz

Diesen Text finden Sie auch im taz-Spezial "Wir und das Öl". 12 Seiten taz-Extra, morgen, Donnerstag, den 10.Juni am Kiosk.

Zum Beispiel in der Plastikflasche im Kühlschrank. Sie ist aus Polyethylenterephthalat (PET) geblasen, einem der robustesten aller Kunststoffe. Erdölanteil: annähernd 100 Prozent. Die CDs im Regal sind aus Polycarbonat. Erdölanteil: mindestens 80 Prozent.

Und sogar in den Klamotten finden sich Ölbausteine: Auf dem Etikett eines H & M-Pullovers steht 80 Prozent Baumwolle, 18 Prozent Polyamid, 2 Prozent Elastan. In der Baumwolle ist zunächst einmal kein Öl enthalten, die beiden anderen Stoffe sind jedoch Kunstfasern, die auch aus Ölbestandteilen gemacht sind. Erdölanteil des Pullovers: immer noch 20 Prozent.

Schließlich sogar die Aspirin-Tablette. Deren Wirkstoff ist die Acetylsalicylsäure, und selbst darin ist ein aus Öl gewonnener Baustein enthalten, das Benzol. Erdölanteil pro Aspirin-Tablette: 35 Prozent. Ganz exakt kann man den Ölanteil in all diesen Dingen nicht berechnen: Hunderte von chemischen Reaktionen mit Hilfsstoffen und Zusätzen ergeben schließlich eine Aspirin-Tablette.

Und damit immer noch nicht genug: Shampoo, Waschmittel, Seife, Haarspray, Zahnbürste, Autositz, PVC-Fußboden, Eimer, Folien, Matratzen, Kreditkarte, Computergehäuse, Display, Farben, Tüten, Fensterrahmen, Vaseline - die Liste ist endlos. Es ist wahr: Wir sind umgeben von Öl.

Doch selbst das scheinbar harmlose Gemüse käme ohne Erdöl nicht in unseren Kühlschrank. Vor allem wenn der Spargel im Februar aus Mexiko kommt und die Bohnen im Dezember aus Asien. Denn für den Transport von eingeflogenem Gemüse wird durchschnittlich 48-mal mehr Erdöl verbraucht als bei Gemüse aus der Region. So stecken in einem Kilogramm Gemüse oder Obst aus Übersee indirekt 4 bis 5 Liter Erdöl.

Aber nicht nur das Einfliegen außerhalb der Saison schlägt auf die Erdölbilanz von Obst und Gemüse: In fast allen Produktions- und Ernteschritten spielt Öl eine Rolle. Bauern pflügen Felder mit Traktoren, die Diesel verbrauchen, sie ernten das Obst mithilfe von Maschinen, beheizen die Treibhäuser. Mit einem Kilogramm Gemüse aus dem Treibhaus kaufen wir zwischen 0,5 und 1 Liter Erdöl mit, bei Freilandprodukten aus der Region immerhin bereits 0,1 bis 0,3 Liter.

Was also vor Millionen Jahren unter enormem Druck und mithilfe von Bakterien entstand, ist heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Unser Luxus ist abhängig von Öl. Und deshalb wollen wir mehr und mehr davon: die Ölförderanlagen der Welt laufen auf Hochtouren, wir suchen Erdöl an immer abgelegeneren Orten: im Eis, in der Wüste oder tief unter der Meeresoberfläche. Täglich werden weltweit mehr als 10 Millionen Tonnen Erdöl aus dem Boden geholt.

Doch irgendwann ist die Ressource erschöpft: Erdöl wird bald knapp. Wenn es so weit ist, werden auch die CD und das Aspirin zum Luxusgut. Für Autos und Heizungen gibt es schon Alternativen, für Plastik nicht: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht so robust, sie zersetzen sich früher oder später.

Kaum ein Rohstoff also hat unser Leben so geprägt. Ohne Öl gäbe es keine Computer, schon gar keine Laptops. All die neuen Techniken - Computergehäuse, LCD-Bildschirme und mobile Spielkonsolen - basieren letztlich auf Bausteinen aus Rohöl. Öl wärmt uns, kleidet uns, bewegt uns von einem Ort zum anderen - Öl bestimmt unser Leben. Ob wir wollen oder nicht, wir sind abhängig davon.

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16 Kommentare

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  • ES
    Edda Sörensen

    Elefanten sind zwar Dickhäuter, jedoch äusserst sensible Wesen, wenn sie traurig sind, dann weinen sie...

     

    Wieso erniedrigen sie die Menschen in den westlichen Ländern? In Indien sind, besonders weisse, Elefanten heilige Wesen.

     

    Auf meiner website erfahrt Ihr mehr darüber:

     

    www.edda-soerensen.de

     

    Dann hört Ihr vielleicht endlich auf, diese Tiere zu beleidigen.

     

    Gruss Edda

  • V
    Vale

    Entschuldigen Sie, Rod, ich hoffe Sie sprechen in üblem Zynismus. Denn, wie bei Ihnen durchklingt, ist leider tatsächlich ein "Marktdenken" in fast allen Bereichen und eindeutig auch in denen, in welchen es nichts zu suchen hat!

    Den Regeln des entfesselten Marktes überlebt der "Stärkste" der wirtschaftlich, monetär Stärkste. Dementsprechend wird es keine weltweite Hungersnot geben, sondern nur eine Hungersnot in den größten, den ärmsten Teilen der Welt.

    Vermutlich werden wir es hier wieder als allerletztes, wenn überhaupt zu spüren bekommen.

    Erneut und weiterhin werden wir mindestens 2/3 der Weltbevölkerung für uns bluten lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

  • K
    Karl

    Liebe Autorin, was Sie hier schreiben ist wohl jedem bekannt, der schon einmal Chemieunterricht hatte. Vielen Dank, dass Sie den Lesern noch einmal erklären, was Kinder schon bei Willi will's wissen lernen können.

     

    Leider erscheint Ihr Artikel an manchen Stellen etwas naiv, wenn Sie sagen, "Erdölanteil pro Aspirin-Tablette: 35 Prozent."

     

    Auch die anderen Chemiekalien die zur Herstellung nötig sind(Salicylsäure wird mit Essigsäureanhydrid an der phenolischen Hydroxylgruppe zu Acetylsalicylsäure=Aspirin verestert), z.B. Essigsäureanhydrid wird aus Essigsäure und diese aus Methanol und Kohlenmonoxid hergestellt... kommen ursprünglich aus Erdöl und Ergas. Also liegt der wahre Anteil wohl noch höher (und die Energie für die Teilreaktionen sind nicht zu vergessen).

     

     

    "Es ist wahr: Wir sind umgeben von Öl." Huuuuhhh. Ich bin schockiert, wirklich - wer hätte das gedacht? Und, "Ohne Öl gäbe es keine Computer, schon gar keine Laptops.", schrecklich - keine Computer und keine Laptops, und gäbe es elektrische Schreibmaschinen?! Noch eine letzte Frage, Frau Rossbauer gäbe es dann auch keine Toaster und Taschenrechner und Plastikeimer und Plastikfolie und... ? Och neee.

     

    Noch einmal vielen Dank, ich bin froh, dass solch investigativer Journalismus bei der Tageszeitung zu Hause ist.

     

    Erklären Sie mir bitte morgen, die Faktoren von Massentierhaltung und Klimawandel, Palmenplantagen für Palmöl und erneuerbare Rohstoffe in Biodiesel für Autos und Brennstoff für Kraftwerke. Wie kommt die Zahnpasta in die Tube?

     

    Danke, schon im voraus. Schreiben Sie auch mal für unsere Schülerzeitung? Mit freundlichen Grüßen würde mich sehr freuen.

  • D
    denksema

    Ach nee, kommt man auch schon dahinter, daß Erdöl erstens gefährlich, zweitens sehr nützlich und drittens sehr begrenzt in seinem Vorkommen ist? Toll!

    Ich fahre seit ca. 15 Jahren einen BMW, der in dieser Zeit gerade einmal drei Ölwechsel gesehen hat, ohne daß irgendwelche Probleme mit dem Motor aufgetreten wären. Fahrstrecken pro Jahr mit 50 Tausend beginnend bis nunmehr ca. 5 Tausend.

    Das Ganze mit Hilfe eine speziellen Ölfilters, der angefangen vom Bundesumweltamt über Motoren- / Kfz-Hersteller und Werkstätten bis hin zu den treu sorgenden Autoklubs abgelehnt wurde. Von den Grünen bis zu diversen Umweltverbänden das gleiche Bild.

    Verschiedene aufgeschlossenen Kommunen, Groß- und Kleinunternehmen haben Millionen von km zurückgelegt. Problemlos – mit deutlich weniger Ölwechseln als vorgegeben.

    Ein Konzern sparte an einer einzigen Maschine in 5 Jahren rd. 8.000 Liter Hydrauliköl.

    Soviel zu den Möglichkeiten.

    Es wird jedoch Angst geschürt, von Ahnungslosen und Mietmäulern verstärkt. Man darf raten, wessen Interessen hier eine Rolle spielen.

    Man darf aber auch einmal grob überschlagen, wieviel Öl mittels vorhandener, verteufelter Technologie verschwendet wird. Unsere Nachkommen werden das zu danken wissen….

    Ich jedenfalls kann dieses ahnungslose und verblödende Genöle nicht mehr hören.

  • N
    nico

    Das Elektroauto ist zu teuer und zu umständlich.

    Aber mit preisgünstigem Erdgas könnte rasch

    Benzin und Diesel substituiert werden. Betanken und

    Tankstelleninfrastruktur sind vorhanden, müssen aber

    ausbebaut werden.

    Die Ostseegasleitung wird zur Preisstabilisierung

    und auch zur Preissenkung in Deutschland beitragen.

    Öl sollte substituiert werden wo immer die Preise

    es erlauben.

  • C
    Christian

    CDs als Luxusgut, weil Öl teuer ist? Wie viel macht der Materialwert denn aus bei einer CD, die praktisch nicht mehr unter 15 Euro zu kriegen ist?

     

    Ein paar Zahlen hätten dem Artikel ganz gut getan. Meine Intuition ist nämlich, dass Plastik momentan so spottbillig ist, dass selbst wenn sich der Preis von Plastik verfünffachen, ja selbst wenn er sich verzehnfachen würde, das Aspirin nicht merklich teurer würde und auch die CD nicht. Verpackungen würden vielleicht wieder aus Cellophan sein, es würde weniger davon geben und man würde im Supermarkt außer auf explizite Nachfrage alles in Jutebeuteln statt Plastiktüten kriegen. Klingt nicht verkehrt. Im Zusammenhang mit Plastik vom Ende des Öls zu sprechen, halte ich nicht für sehr zielführend, eben weil für die wirklich unersetzlichen Dinge nur ein winziger Bruchteil des Öls gebraucht wird und die noch existierenden Lagerstätten eine Frage des Preises sind, nicht der Verfügbarkeit. Hier habe ich tatsächlich ein gewisses Maß an Vertrauen in den Markt, solange wir ihn dazu kriegen, das mit dem Verbrennen sein zu lassen und die Förderrisiken zu minimieren.

  • V
    vic

    Ich vermeide Pastik wann immer es mir möglich ist, aber ganz ohne geht es eben leider noch nicht.

    Ja, Öl ist endlich und ohne Öl wird das Leben weitergehen. Aber noch ist welches da. Ich sage: Leider ist noch welches da.

    Denn erst wenn der letzte Tropfen aus dem Planeten Erde gepresst wurde, werden die Profiteure Ruhe geben.

  • M
    marco

    Die Lösung des Problems heißt HANF!

     

    http://www.hanf-info.ch/info/de/Suchtig-nach-Ol.html

     

    Leider hat der Gründer des Öl-Imperiums (Rockefeller) dafür gesorgt, dass der Anbau dieser pösen Pflanze verboten wurde.

     

    Hausaufgabe zum anguggen:

    Hanf das Milliarden $Dollar$ Kraut

    http://video.google.com/videoplay?docid=6227764886026539612#

  • V
    Viktor

    …beträgt nach einer Schätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) der Anteil des Verkehrssektors am weltweiten Ölverbrauch etwa 57 Prozent.

     

    Quelle: http://www.bpb.de/publikationen/D1AKYM,1,0,Mobilit%E4t_und_Verkehr.html

     

    Geärgert hat mich der Satz: "Für Autos und Heizungen gibt es schon Alternativen, für Plastik nicht: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht so robust, sie zersetzen sich früher oder später."

     

    Welche Alternativen für Autos sind den gemeint?

    Und wenn Kunststoffe, die sich langfristig zersetzen sind doch wünschenswert:

    http://oceans.greenpeace.org/de/unsere-ozeane/verschmutzung/der-strudel-aus-muell

     

    Gruß

     

    Viktor

  • TL
    Thomas Lachetta

    Danke für diesen interessanten Beitrag.

     

    Ich habe mich schon oft gefragt warum Öl eigentlich so wichtig für uns sei? Habe Öl fast ausschliesslich immer nur als Treibstoff und als Wärmelieferant gesehen.

     

    Doch dieser Beitrag öffnet mir schon sehr die Augen und zeigt, dass das Öl ein unverzichtbares Gut in unserer heutigen Zeit geworden ist.

     

    Die industrielle Entwicklung hat leider ihre Schattenseiten :(

     

    Was mich sehr beunruigt ist die Ölkastastrophe im Golf von Mexico. Habe die Livebilder von dem Loch gesehen aus dem soviele Liter Öl rausströmen. Der Gedanke daran, dass das Öl schon seit so vielen Tagen unaufhaltsam rausspritzt ist extrem beänstigend.

     

    bedenkliche Grüße

    Thomas Lachetta

  • B
    Braun

    Warum eigentlich die Umrechnung in Elefanten? Soviele gibt's doch gar nicht mehr. Rechnen wirs doch in Deutsche um! Zugegeben, soviele gibt's auch nicht. Die 82 Millionen Deutschen verbrauchen Erdöl mit einem Gewicht von 1,44 Milliarden Deutscher.

  • RD
    Rainer David W. Früh

    Es lebe der Vergleich!

    TAZ-Kommentatoren haben in den vergangenen 120 Monaten si viel Schwachsinn auf Papier gedruckt. Das entspricht dem Waldbestand eines Mittelgebirges in Süddeutschland!

  • JS
    Jens Schlegel

    Warum dieser "Bild"-hafte vergleich mit 22 Millionen Elefanten?

     

    In manch Boulevardblatt wird zwar gern jede Fläche in Fussballfelder umgerechnet usw. aber trotzdem, was hilfts?

  • R
    Rod

    Und wo ist jetzt das Problem?

     

    In Europa gab es bereits in der Vergangenheit Hungersnöte, auf dem Kontinent Afrika gibt es heute noch Hungersnöte bei denen tausende von Menschen den Hungertod sterben.

     

    Ohne Öl wird es sicher eine weltweite Hungersnot geben und die Anzahl der Menschen wahrscheinlich auf ein für die Natur erträgliches Maß reduziert. In der Wirtschaft würde man das eine längst fällige Marktbereinigung nennen.

  • S
    Sebastian

    Keine Kinder in die Welt setzen und das Leben genießen. Die Erde wird sich schon um den Rest kümmern.

  • M
    MerleMeer

    Liest sich ein bisschen wie eine Lach- und Sachgeschichte, aber gut geschrieben! Ich empfehle den Film "Peak Oil", denn Kuba war dank Embargo schon vor etlichen jahren in der Situation ohne oder mit sehr wenig Öl auskommen zu müssen. ist ganz interessant, wie das ein Land verändert, auch die sozialen Strukturen, zwangsläufig.