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Archiv-Artikel

„Es gibt wieder eine junge Linke“

THOMAS SEIBERT, 49, hat den Alternativgipfel mitorganisiert. Er arbeitet für die Entwicklungsorganisation Medico International und ist bei Attac aktiv.

taz: Herr Seibert, hat diese Woche die Protestbewegung verändert?

Thomas Seibert: Eigentlich müsste man fragen: Wie haben die zwei Jahre Vorbereitungszeit die Bewegung verändert? Diese zwei Jahre waren nämlich die beste Bündnisarbeit, die ich je erlebt habe, in einem Spektrum, das so breit war wie nie zuvor. Von bestimmten Gruppen der radikalen Linken bis zu regierungsnahen NGOs. Und die Zusammenarbeit war auch so verlässlich wie nie zuvor.

Verlässlich? Bei den Ausschreitungen sah das anders aus.

Wir sind da kalt erwischt worden. Das hat wirklich keiner von uns erwartet, darum waren wir auch so schlecht vorbereitet. Plötzlich stand das ganze in der Vorbereitung erarbeitete Vertrauen auf dem Spiel.

Wie sind Sie da rausgekommen?

Nach der Belastung von Samstag waren die Blockaden von Mittwoch die Bewährungsprobe. Der friedliche Verlauf hat gezeigt, dass dieses Bündnis weit miteinander gehen kann.

Aber nur die Tatsache, dass Sie sich nicht untereinander streiten, heißt ja politisch noch nicht viel.

Nicht streiten ist tatsächlich zu wenig. Aber ich glaube, dass die Bereitschaft besteht, die Kooperation fortzusetzen Diese Gipfel verschlingen unglaublich viel Arbeit. Zwei Jahre Vorbereitung für drei Tage Gipfel, in denen alles abgefeiert wird. Das ist gut, weil es öffentliche Aufmerksamkeit bringt. Aber das eigentliche Ziel ist, dass etwas entsteht, das auch hinterher Zusammenarbeit ermöglicht.

Wer soll mit wem zusammenarbeiten?

Auf dem Alternativgipfel haben Gewerkschaften, Greenpeace und die Migrantenorganisation „Kein Mensch ist illegal“ gemeinsam einen Workshop organisiert. Das war einer der produktivsten Prozesse der vergangenen zwei Jahre. Denn da gibt es noch viele Widersprüche: Die Gewerkschaften denunzieren zum großen Teil migrantische Arbeiter, „Kein Mensch ist illegal“ fordert gleiche Rechte. Die Gewerkschaften setzen auf Produktivität um jeden Preis, die Umweltbewegung fragt, wie man ökologisch produzieren kann. An diesen Konflikten wollen wir ansetzen. Die Gewerkschaften sitzen noch längst nicht im Boot, aber wichtige Voraussetzungen dafür sind jetzt geschaffen.

Was war – oder ist – dieses Mal anders als früher?

Die politischen Generationen haben zusammengefunden. Anders als in den 90er Jahren gibt es wieder eine junge Linke.

INTERVIEW: NIKOLAI FICHTNER