: Es gibt nichts mehr zu steuern
FINANZLOCH Die Steuerschätzung des Bundes ist für die Nord-Länder katastrophal. Besonders schlimm erwischt es Niedersachsen: ein Fünf-Milliarden-Loch. Neue Schulden werden aber überall gemacht
Hartmut Möllring ist ausnahmsweise mal kleinlaut: „Wenn sie die Ereigniskarte ziehen und sind auf der Schlossallee und da steht drauf: Gehen sie zurück auf Los – das ist Scheiße“, sagte Niedersachsens CDU-Finanzminister am Donnerstag über ein Monopoly-Spiel, das ihm gründlich misslungen ist. Geschätzte Steuerausfälle von etwa fünf Milliarden Euro für 2009 und 2010 musste er verkünden und zugleich zugeben: „So schlimm hatte ich das nicht erwartet.“
Grund seiner Depression ist die gestern vorgestellte Steuerschätzung. Danach ergeben sich für Bund, Länder und Kommunen aufgrund der Wirtschaftskrise Mindereinnahmen von etwa 45 Milliarden Euro in diesem Jahr. Bis 2012 sollen sich die Ausfälle auf 316 Milliarden Euro summieren. Für den Norden müssen diese Zahlen jetzt genauer umgerechnet werden. An der Tendenz allerdings gebe es nichts zu deuteln, sagt Möllring. Selbst wenn das Ergebnis um plus / minus 50 Millionen Euro abweiche, ändere sich nichts: Die im April verhängte Haushaltssperre bleibe bestehen, er werde einen Nachtragshaushalt vorlegen und vom Ziel Abstand nehmen, keine neuen Schulden zu machen.
In Bremen bezifferte die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert das Minus für 2009 auf 157 Millionen Euro. In den Folgejahren sei mit noch deutlich höheren Mindereinnahmen zu rechnen. Sie will am Dienstag im Senat eine Haushaltssperre vorschlagen. Die hat Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) bereits gestern verhängt. Er rechnet mit einem Fehlbetrag von bis zu 600 Millionen Euro in 2009.
Ein wenig präziser sind die Hamburger Zahlen. In den ersten vier Monaten 2009 wurden dort fast 115 Millionen Euro weniger Steuern als im Vorjahreszeitraum erhoben, gab Finanzsenator Michael Freytag (CDU) bekannt. Über das Jahr ist deshalb mit einem Minus von 500 bis 700 Millionen Euro zu rechnen. Freytag kündigte für den Sommer einen Nachtragshaushalt an – mit neuen Schulden in Rekordhöhe. SVEN-MICHAEL VEIT
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