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■ Es gibt keine geschlossene russische AußenpolitikAußenpolitik als Innenpolitik

Erklärungen russischer Politiker zu internationaler Politik lösen hier unweigerlich die reflexhafte Frage aus, ob Rußland nun wieder zu einem eigenständigen oder gar konfrontativen Verhalten in seinen internationalen Beziehungen zurückkehre. Diese Fragestellung wird auch von der Orientierungslosigkeit gespeist, die Politik und Öffentlichkeit im „Westen“ nach dem Ende des traditionellen Ost-West-Konflikts befallen hat. Tatsächlich geht es nicht um großrussische Ansprüche, alte Positionen wieder zu besetzen. Dazu ist das Land objektiv und subjektiv nicht in der Lage. Es gibt keine geschlossene russische Außenpolitik. Zwar gibt es in Moskau gegensätzliche Positionen zu Einzelproblemen, nicht nur in der Irak- und Jugoslawien-Frage, sondern auch zu den Kurilen, den baltischen Staaten, dem Gebiet Kaliningrad/Königsberg usw. Doch reflektieren diese Einstellungen vor allem Differenzen zu Kernfragen der inneren Transformation: Tempo und Profil der Wirtschaftsreformen, politische Machtverteilung bei wenig strukturierten Interessen- und Funktionsgruppen sowie Erhalt und Struktur der Russischen Föderation.

Zwei Vorgänge werden Rußland 1993 beherrschen: zum einen die Gratwanderung zwischen schützender und stimulierender staatlicher Intervention in die Ökonomie, zwischen protektionierendem Eingreifen zum Erhalt eines gesellschaftlichen Mindestkonsenses und dem „Loslassen“ als Erzwingung der Selbstregulierung; und zum anderen die Frage der institutionellen und politischen Machtverteilung zwischen den Kraftzentren Präsident, Präsidium des Obersten Sowjet, Verfassungsgericht, Regierungsblöcken, administrativen Apparaten, russischen Republiken und Regionen, Interessengruppen und ihren politischen Organisationsformen.

Außenpolitische Einlassungen ergeben einen Sinn vor dem Hintergrund dieser inneren Koordinaten. Dabei scheint es Jelzin derzeit sinnvoll zu sein, im Vorfeld der Auseinandersetzungen über die Volksabstimmung zu den Prinzipien der inneren Verfassung rhetorisch eine selbstbewußtere Außenpolitik zu instrumentieren. Den Raum dazu haben die Radikalpatrioten eröffnet, die von russischer Würde als Großmacht träumen. Der Präsident und sein Außensekretär – sie rücken ein wenig nach in eine fiktive Mitte russischer Außeninteressen, die weder genau definiert noch effektiv durchsetzbar sind. So begibt sich derzeit das Schauspiel, daß Teile der russischen Führung aus innenpolitischen Gründen die Außenpolitik einer abgegangenen US-Regierung kritisieren, die ebenfalls aus innenpolitischen Gründen im Irak auf den Tisch schlug. Klaus Segbers

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