Es geht ums Profil!

■ Wolfgang Stemmer, Chef des Fotoforums, über das Konzept Langenstraße

Das Fotoforum soll Hauptnutzer der großen Ausstellungshalle in der Langenstraße sein und „diese für rund acht Monate im Jahr bespielen“ dürfen, jubelte die Kulturbehörde in einer Presseerklärung. In den restlichen vier Monaten dürfen „nach Absprache“ andere Aussteller hinein, zum Beispiel das Neue Museum Weserburg oder das Focke-Museum. Die taz sprach mit Fotoforum-Chef Wolfgang Stemmer über seine An- und Aussichten.

taz: Acht Monate Ausstellungsfreiheit, vier Monate Versenkung — freut Sie das?

Wolfgang Stemmer: Wenn tatsächlich unter der Federführung des Fotoforums die Langenstraße bespielt wird, können wir uns eine produktive Zusammenarbeit mit der Weserburg und dem Focke-Museum gut vorstellen. Aber: ohne den Oberschiedsrichter Behörde.

Wenn sich die Behörde diese Entscheidungen vorbehält?

Schwierig. Die Interessen der anderen Museen sind anders als unsere. Aber unser Profil als Fotoforum hängt von der Langenstraße ab. Beispiel: Bei der nächsten Ausstellung macht Herr Deecke (Leiter des Neuen Museums Weserburg, d. Red.) ganz andere Öffnungszeiten als wir sonst, er will montags schließen, die Zeiten seinem Museum anpassen. In dieser Zeit ist das Fotoforum praktisch nicht existent, das funktioniert nicht.

Wir wollen im Gegenteil die Verweildauer des Publikums in den Ausstellungsräumen verlängern, einen Museums-Shop einrichten mit Büchern, Plakaten, Postern, Getränken, und man braucht kontinuierliches Personal, das nach Einarbeitung Kompetenz hat und Auskunft geben kann.

Für das Publikum könnte ein Wechsel eine Bereicherung sein, was ist daran schlimm?

Nichts, wenn das, was läuft, mit dem Ort verbunden werden kann, wenn es Zusammenhänge gibt. Es geht ums Profil! Konzepte wie in Frankfurt, Ausstellungsorte, die nach Bedarf vermietet werden, sind alle gescheitert.

Wir müssen 60-80.000 Besucher im Jahr machen, damit wir neben den 150.000 Mark, die wir vom Staat kriegen, etwa 200-250.000 Mark über Eintrittsgelder einnehmen. Beides: Staatsknete plus Besucherzahlen gibt uns die Möglichkeit, Sponsorengelder reinzukriegen, wenn es ein attraktiver Ort ist, der ein Profil hat.

12 Monate Fotoforum wäre Ihnen bestimmt am liebsten. Aber was haben Sie denn bei acht zu bieten an Konzepten für Kooperation?

Zum Beispiel das Projekt, das wir für den kommenden Herbst mit Deecke abgesprochen haben: Jochen Gerz gemeinsam zu zeigen. Im Museum Weserburg wird gezeigt, was an die Sammlung anschließt, wir zeigen Gerz aus der Perspektive der Fototgrafie, und die Hochschule holt Gerz als Gastprofessor für 1 oder 2 Semester, und er macht mit Studenten was im öffentlichen Raum. Das können wir einblenden. Aber nicht heute Malerei, morgen Skulptur, Architektur oder Design, übermorgen Fotografie. Das ist kein Profil, das ist ein Wechselbad.

Bremen hat mit dem Fotoforum die Chance, in der Fotografie europaweit was vorzuweisen, wo man nicht noch großartig investieren muß! Herr Deecke soll doch in der Weserburg was abhängen und interessante Wechselausstellungen machen, damit da auch Besucher hingehen. Wir brauchen als Fotoforum die Ereignisse für die Besucherzahlen, womit wir in der Böttcherstraße sehr erfolgreich waren, und bieten dazwischen hochrangige Qualität.

Die Behörde bescheinigt Ihnen eine „breite Ausstellungskonzeption“. Wie geht die?

Unser Konzept hat drei Beine. Erstens: massenwirksame Ausstellungen, bis zu so trivialen Geschichten wie Gunter Sachs, mit einem Anspruch, der unter modischen, konsumptiven Aspekten viele erreicht; zweitens so hochwertige Geschichten wie die Sammlung Gundlach, Künstlerpositionen, die avantgardistisch sind, kein großes Publikum erreichen, aber das Medium reflektieren; drittens Kurse und Seminare für Amateure, junge Lehrlinge, Interessierte.

Wie überbrückt denn der Apparat Fotoforum vier Monate Zwangspause?

Jetzt müssen wir alle entlassen, Deecke bringt sein eigenes Personal mit. Die Leute an der Kasse, die aufbauen, ehrenamtlich oder gegen Honorar, die sind dann vier Monate raus! Das geht auf Dauer nicht, das kann doch nur so laufen: Wir stellen das Personal und halten 12 Monate die Infrastruktur aufrecht und zur Verfügung. Alles andere ist Quatsch.

Fragen: Susanne Paas