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Archiv-Artikel

„Es geht nicht nur um Posten“

Die Hälfte der Führungsposten im Senat soll an Frauen gehen, fordert die SPD-Frauenpolitikerin Ulrike Neumann. Zudem müsse das Land für mehr weibliche Chefs in Privatunternehmen sorgen

INTERVIEW MATTHIAS LOHRE

taz: Frau Neumann, Sie fordern die Hälfte der SPD-Senatorenposten für Frauen. Klappt es bei den laufenden Koalitionsverhandlungen damit?

Ulrike Neumann: Uns geht es ja nicht allein um Senatorenposten. Wir müssen sehen, welches Gesamtpaket am Ende der Verhandlungen steht. Dazu zählen nicht nur Senatorinnen-, sondern auch Staatssekretärinnen-Ämter.

Sie bestehen nicht auf drei Senatorinnen, falls die SPD insgesamt fünf Senatoren und den Regierenden Bürgermeister stellt?

Nein. Es kommt darauf an, dass das Gesamtergebnis paritätisch ausfällt.

Heißt das: Pro Senator gibt es eine Staatssekretärin?

So einfach ist das nicht. Nur so viel: Wir haben in unserer Partei jede Menge Frauen, die hervorragende Arbeit leisten.

Welche SPD-Frauen möchten Sie künftig in der ersten Reihe sehen? Ingeborg Junge-Reyer ist als Stadtentwicklungssenatorin gesetzt, der Stuhl von Karin Schubert im Justizressort wackelt.

Ich sehe da nichts wackeln. Sie wissen doch ganz genau, dass ich Ihnen während der Koalitionsverhandlungen keine Namen nennen werde. Aber klar ist schon jetzt: Wir haben eine Frau als Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses durchgesetzt. Das zeigt: Es lohnt sich für Frauen, sich zusammenzuschließen.

Abseits von Personenfragen: Was ist in Berlin zu tun, um Frauen zu fördern?

Baustellen gibt es überall. Denn Frauenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Ein Beispiel: Es gibt Förderprojekte, die insbesondere Frauen helfen, aus der Arbeitslosigkeit herauszufinden. Oder auch im Wissenschaftsbereich. Immer mehr Frauen studieren, aber bis heute besetzen ganz überwiegend Männer die Führungspositionen. Wir wollen zum Beispiel mehr weibliche Professoren. Da gibt es noch viel zu tun.

Im Senat zuständig für Frauen ist ein Mann: der Wirtschafts-, Arbeits- und Frauen-Senator Harald Wolf von der Linkspartei. Sind Sie mit seiner Arbeit zufrieden?

Zufrieden kann man nie sein. Aber es ist nicht meine Aufgabe, Linkspartei-Senatoren öffentlich zu beurteilen.

Worum muss sich die Frauenpolitik in Berlin am dringlichsten kümmern bis zum Ende der anstehenden Legislaturperiode 2011?

Da gibt es eine Menge, beispielsweise Frauenhandel und Zwangsprostitution. Es kann nicht sein, dass Frauen verschleppt werden, die hier unter menschenunwürdigen Bedingungen ihre „Arbeit“ verrichten und dann auch noch abgeschoben werden. Auch ist bessere Aufklärung in den Herkunftsländern notwendig. Darüber und über vieles andere müssen wir mit den Regierungen der Herkunftsländer sprechen. Ein weiteres Beispiel: Wir brauchen mehr Frauen in der freien Wirtschaft, in Unternehmens-Aufsichtsräten und -Vorständen.

Wie wollen Sie das gegenüber privaten Unternehmen durchsetzen?

Bislang setzen wir auf freiwillige Maßnahmen. Aber wir halten auch Steuerungsmaßnahmen für möglich: Das Land kann seine Auftragsvergabe beispielsweise daran knüpfen, in welchem Maß die Bewerberfirmen Frauen fördern. Dabei können wir uns auf das Gleichstellungsgebot berufen, das in der Landesverfassung und im Grundgesetz verankert ist. Wir haben da gute Karten.