: Erst mal keine Denkverbote in Schulen
Bildungsbehörde packt mit Schulentwicklungsplanung bis 2015 ein heißes Eisen an. Schulstandorte und das Recht auf freie Wahl der Schule auf dem Prüfstand. SPD fürchtet um freien Elternwillen, GAL fordert Beteiligung der Basis
Hamburgs Schulen erhalten ein neues Aufregerthema. Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) hat eine interne Kommission eingesetzt, die eine Schulentwicklungsplanung bis 2015 erarbeiten soll. „Wir müssen effizienter und ökonomischer mit unserem Raum umgehen“, erklärt Behördensprecher Alexander Luckow. „Wir haben Schulen, in denen ganze Trakte abgeschlossen sind, und andere platzen aus den Nähten.“
Das Thema ist durch das Bekanntwerden der Anmeldezahlen für die neuen fünften Klassen in der Vorwoche wieder hochgekocht. Wurde doch überdeutlich, dass insbesondere die Haupt- und Realschulen (HR) zu wenig Schüler bekommen. Doch auch einzelne Gymnasien und Gesamtschulen gelten als zu klein. Die Kommission soll nun eine geographische Analyse der Schulstandorte machen und diese mit den zu erwartenden Anmeldezahlen vergleichen.
Dabei rechnet die Behörde aufgrund des Konzepts der Wachsenden Stadt mit „mindestens nicht weniger“ Schülern im Jahr 2015. Um jedoch anspruchsvollere Konzepte und Ganztagsschulen zu verwirklichen, sollen Schulen künftig zwei bis drei Parallelklassen haben müssen. Allerdings soll auch die „soziale Komponente“ eine wichtige Rolle spielen, weil manche Stadtteile eine Schule brauchten. Zudem müssten die Grundschulen nach dem Prinzip „Kurze Wege für kurze Beine“ weiter breit gestreut sein. Dennoch, so Luckow, dürfe es erst mal „keine Denkverbote“ geben. So hatte Schulaufsichtsleiter Norbert Rosenboom erklärt, eine Einschränkung des Elternrechts bei der Schulwahl sei zu erwägen.
Dies ist für SPD-Schulexpertin Britta Ernst eine „Kriegserklärung der Bürokratie an die Eltern“. Eine gute Bildung für die eigenen Kinder zu bekommen, sei für die Eltern die „tiefste Sorge“. Da dürfe der Staat nicht vorschreiben, wo Kinder zur Schule gehen. Ernst: „Außerdem bekommt der Wettbewerb um Anmeldungen den Schulen.“ Eltern seien ein Seismograph für die Qualität einer Schule.
„Elternwahlrecht ist ein hohes Gut. Wir müssen dennoch sehen, was pädagogisch und finanziell sinnvoll ist“, erklärt dagegen GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Durch das dreigliedrige Schulsystem werde das Problem verschärft, weil mehrere Schulformen in räumlicher Nähe angeboten werden müssten. Die Grünen warnen jedoch vor einer Schulentwicklungsplanung „von oben“. So sollte es in allen elf Schulkreisen „Expertenrunden“ geben, an denen auch Kreiselternräte, Schulleiter und Vertreter für Jugendhilfe und Stadtentwicklung beteiligt seien.
Dieser Rat wurde von der Bildungsbehörde zumindest nicht abgelehnt. Die Kommission mache sich „erst einmal Gedanken, wie der Prozess aussehen kann“, sagte Luckow zur Frage nach der Basisbeteiligung. Bleibt die jedoch aus, so wissen alle, kann es Stress geben. kaija kutter