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Archiv-Artikel

Erst Job, dann Kind

Allensbach-Studie: Geburtenschwund ist Folge deutschen Ordnungssinns bei der Lebensplanung

BERLIN taz ■ Die deutsche Kinderflaute – sie ist auch die Folge einer „Erst-mal-Mentalität“, sagt Renate Schmidt. Theoretisch hätten fast alle Deutschen gerne Nachwuchs. Doch scheitern sie am Hang zum Nacheinander: Die Paare setzten „vor das Kind erst mal Berufseinstieg, Hausbau und ein großes Finanzpolster“, so die Bundesfamilienministerin. Und fühlen sich dann zu alt für ein Baby.

Die SPD-Politikerin beruft sich auf eine gestern veröffentlichte Allensbach-Studie. Demnach ist ein Hauptschuldiger des Babymangels das „Drei-Phasen-Modell“: Junge Deutsche machen erst eine Ausbildung und steigen dann in den Beruf ein. Erst danach denken sie an Kinder.

Die Folge: Zwar gibt es immer mehr Paare, die erst in reiferem Alter Eltern werden. Den Geburtenrückgang aber gleicht das nicht aus. Überlange Ausbildungszeiten fördern die Misere ebenso wie „problematische Leitbilder“, so Schmidt. Kein Kind haben, das galt nur sieben von hundert Befragten als Makel. Ohne Job zu sein, das hingegen empfand jeder Dritte als gesellschaftlich stigmatisierend.

Die Studie sieht darin die Ursache für ein Kuriosum: Einerseits hat sich die biologische Spanne, in der frau ein Kind gebären kann, dank moderner Medizin erweitert. Und doch habe sich das „subjektive Zeitfenster“ für Mutterfreuden für viele auf gerade noch fünf bis sieben Jahre verengt, so Renate Köcher.

Für den Kinderstandort Deutschland möchte Schmidt daher an zwei Fronten fechten. Zum einen soll die Twen-Mum populärer werden. Zu tief verankert sei das Denken: Ausbildung und Kind, das verträgt sich nicht. Schmidt fordert bessere Betreuung für Studentenkinder sowie mehr Familienapartments in Studentenwohnheimen. Und die Chance für Azubi-Eltern, ihre Lehrzeit um mehrere Jahre zu strecken.

Doch auch den reiferen Frauen will Schmidt mehr Lust aufs Baby machen. Schließlich belegt die Studie, wie rapide jenseits der 35 der Kinderwunsch abnimmt. Mehr Krippen sollen das Baby-oder-Büro-Dilemma mildern. Parallel dazu setzt Schmidt auf Aufklärung: „Die Frauen plagen enorme Ängste. Dabei hat längst auch die Mittdreißigerin beste Aussichten, ein gesundes Kind zu bekommen.“

COSIMA SCHMITT

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