: Erneuerbare Energien vernetzen
betr.: „Von der Vergangenheit überrollt. Die Energiepolitik der Zukunft braucht dezentrale Strukturen“, taz vom 25. 9. 08
Tatsächlich nehmen ja die dezentralen Stromerzeuger stark zu. Die meisten Erneuerbaren Energien (EE) haben aber ein Problem, das umso größer wird, je höher der EE-Stromanteil ist: Wind weht und Sonne scheint nicht immer. Speicherung von Strom ist sehr teuer. Ein Ausweg ist die großräumige Vernetzung Erneuerbarer Energien, da immer irgendwo Winde wehen, die Sonne scheint und Wasserkraft zur Verfügung steht. Die bestehenden Netze sind dafür aber nicht ausgelegt. Sie müssen ausgebaut werden, und wahrscheinlich bedarf es auch ergänzend der Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ), da man damit Strom bei nur geringen Verlusten zwischen Nordafrika (Sonne und Wind), Nordsee und Norwegen (Wasserkraft als Reserve) hin und her transportieren kann. Zusammen mit vielen kleinen Einspeisern von Strom aus Photovoltaik, Wind und Biogas wäre damit eine 100-prozentige EE-Stromversorgung zu sozial verträglichen Preisen möglich.
Die Technik dafür ist vorhanden. Wäre der politische Wille in Europa da, wäre eine solche Versorgung innerhalb der zehn Jahre aufzubauen, die Al Gore für das „Repowering“ der USA vorschlägt. Für den Netzbau wie auch für Offshore-Windkraft bedarf es aber riesiger Investitionen, die nicht kleine Energiegenossenschaften, sondern nur Staaten und Großkonzerne stemmen können. Darauf zu hoffen, dass die Stromkonzerne Platz machen für alternative Stromversorger, ist naiv. Wie Wirtschaftsliberale auf eine Dezentralisierung zu setzen, in dem viele Finanzinvestoren Kraftwerke aufkaufen, ist gefährlich, weil diese ihre Investitionen noch viel stärker verteidigen werden als die Stromkonzerne. Diese befinden sich zudem großenteils in staatlicher oder kommunaler Hand (Vattenfall, RWE, EnBW, EDF). Wäre es nicht besser, zusammen mit schwedischen und französischen Klimaschützern politischen Druck auf diese Konzerne und ihre öffentlichen Eigentümer auszuüben als auf die „Heilkräfte des dezentralen Marktes“ zu setzen? HORST SCHIERMEYER, Zittau
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