Erinnerung an Patrice Lumumba: Wie ein Held Afrikas in Mitte eine Skulptur bekam
Zum 100. Geburtstag von Patrice Lumumba erinnern Aktivisten in Mitte an die Bedeutung des ermordeten Freiheitskämpfers und ersten Premier des Kongo.

In einer kurzen Ansprache erinnert Oumar Diallo, betagter Gründer des Afrika-Hauses, an Lumumbas Geschichte und Bedeutung bis heute. Es geht um seine Ermordung im Januar 1961 mit Unterstützung von CIA und belgischem Geheimdienst, um Wirtschaftsinteressen des Westens, um die nie vollendete Dekolonisierung, die laut Diallo bis heute eine echte afrikanische Unabhängigkeit verhindert.
Auch Paul Ayere sagt: „Lumumba steht dafür, dass die wahre Unabhängigkeit nur kommt, wenn die afrikanischen Staaten zusammenhalten.“ Der 35-jährige Sohn ugandischer Einwanderer hat die Feier initiiert. Junge Menschen wüssten viel zu wenig über „Helden wie Lumumba“. Er selbst habe in seiner Schulzeit in Aachen nichts über afrikanische Geschichte gelernt. Dabei sei dieses Wissen gerade für Menschen afrikanischer Herkunft wichtig, findet er. „Man sollte seinen Platz kennen.“ So hat Ayere angefangen, sich zu engagieren, für kommenden Samstag hat er ein Lumumba-Gedenken im Yaam vorbereitet.
Und was hat Lumumba mit Berlin zu tun? Wie kommt seine Statue nach Mitte? Elisabeth Quart von der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft (DAFRIG), die eben noch die kongolesische Geschichte in einer 5-Minuten-Rede runterratterte, kann das erklären. Im Herbst 1960, Lumumba war gerade von den Putschisten unter Hausarrest gestellt worden, habe der Schriftstellerverband PEN europaweit einen Aufruf gestartet, sich solidarisch mit dem Freiheitskämpfer zu befassen. Auch die DDR-Bildhauerin Jenny Mucchi-Wiegmann sei dem gefolgt.
Die Skulptur, die Lumumba nach seiner Verhaftung zeigt, entstand 1961 und heißt „Überführung nach Thysville“: „Von dort aus brachten sie ihn nach Elisabethville, wo er ermordet wurde“, erklärt Quart den für Uneingeweihte mysteriösen Namen. Der erste Guss aus Beton steht in der Akademie der Künste. 2013 realisierte die Kunststiftung Poll mit Hilfe von DAFRIG den Bronzeguss. Die Stiftung hatte vor, ostdeutsche Bildhauerinnen auf dem Garnisonkirchplatz ehren.
So kam Lumumba nach Berlin, das er nie besucht hat. „Aber 1959 war er in West-Deutschland“, erzählt Quart. Denn auch wenn er als angeblicher „Kommunist“ ermordet wurde, habe er eigentlich die Westbindung gesucht. Vergeblich.
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