: Erhardts Sparhammer prallt auf die Humboldt-Uni
■ Wissenschaftssenator präsentiert Sparvorschläge für Hochschulen: Insgesamt 3.600 Studienplätze weniger, Humboldt-Uni soll 27 Millionen Mark sparen
Die Geheimniskrämerei um die „Giftliste“ ist zu Ende. In einem Schreiben an den Vorsitzenden des Hauptausschusses, Klaus Franke (CDU), hat Wissenschaftssenator Manfred Erhardt die Einsparung von weiteren 102 Professorenstellen und damit 3.600 Studienplätzen vorgeschlagen. Damit soll die pauschale Minderausgabe in Höhe von 136,7 Millionen Mark aufgelöst werden. Zugleich beantragte Erhardt die Verlängerung der von den Abgeordneten gesetzten Frist über den 31. März hinaus, weil mit dem Koalitionspartner SPD noch keine Einigung erzielt worden sei.
Nach Abzug der 90 Millionen Mark, die die Fusion von Virchow- Klinikum und Charité einbringen soll, entfallen 49,5 Millionen auf den übrigen Hochschulbereich. Am stärksten wird die Humboldt- Uni zur Ader gelassen. Sie müßte allein 27,2 Millionen tragen.
Dort will Erhardt den Studiengang Pharmazie ganz streichen und zwölf andere Fächer verkleinern. Da auch Biologie, Physik und Chemie vom Abbau betroffen sind, würde in den Naturwissenschaften jede vierte Stelle entfallen. Aber auch in Geographie, Informatik, Mathematik, Agrarwissenschaften, Evangelischer Theologie, Germanistik, Jura, Wirtschaft und Geschichte soll es zwischen einer und fünf Professuren weniger geben.
HU-Sprecherin Susann Morgner reagierte auf die Pläne mit Vokabeln wie „Bestürzung“, „Empörung“, „fassungslos“: „Die Sparauflagen treffen den Lebensnerv der Humboldt-Universität.“ Die Uni habe von ihren 6.730 Beschäftigten im Jahr 1989 bereits rund 3.500 gekündigt.
Auf die TU entfällt mit 10,6 Millionen Mark der zweitgrößte Anteil. Die Studiengänge Politologie und Soziologie (Magister), Biologie, Chemie und Geographie (Lehramt), Erziehungswissenschaften (Diplom und Magister) sowie die Grundschullehrerausbildung sollen ganz eingestellt, die Wirtschaftswissenschaften reduziert werden. „Das ist nicht nur ein Einsparvorschlag, sondern auch ein Eingriff in die Autonomie der Hochschulen“, kritisierte TU- Sprecherin Kristina Zerges. Das Sparvolumen sei eine „Milchmädchenrechnung“, weil die Stellen noch auf lange Zeit besetzt sein werden.
An der Hochschule der Künste steht der Fachbereich Architektur, der schon ums Überleben kämpfte, nicht auf der Abschußliste. „Wir haben nur mit einem kleinen Bier gefeiert“, meinte aber Dekan Peter Bayerer, „wir haben eine Schlacht gewonnen, nicht den Krieg.“ Gleichwohl sollen an der HdK durch die Einstellung der Erziehungswissenschaften und eine Reduktion der Lehrerausbildung in Kunst und Musik 6,4 Millionen Mark gespart werden.
Die FU bleibt vergleichsweise ungeschoren. Dort sollen die kleinen Studiengänge Evangelische Theologie und Wirtschaftspädagogik gestrichen, Ethnologie und Sportwissenschaft zurückgefahren werden. Ralph Bollmann
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