Ergebnisse von Öko-Test: Schwindel mit Regio-Produkten
Die meisten Regionallebensmittel kommen laut "Öko-Test" gar nicht aus der Region. Verbraucherschützer fordern, dass die Hersteller das Herkunftsgebiet nennen müssen.
BERLIN taz | Der Aufpreis für regionale Lebensmittel ist meist rausgeschmissenes Geld: Die Zeitschrift Öko-Test hat für ihre September-Ausgabe 53 Produkte mit regionalen Bezügen im Namen wie "Unser Land" oder "Bergisch Pur" untersucht – und nur 14 als "echte Regionalprodukte" eingestuft. Lediglich sie würden aus regionalen Rohstoffen bestehen, vor Ort verarbeitet und ausschließlich in der Region verkauft.
Produkte mit regional aufgemachter Werbung haben stark zugenommen. Denn 65 Prozent der Verbraucher achten nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa auf die regionale Herkunft, wenn sie Lebensmittel kaufen. Viele Konsumenten versprechen sich davon zum Beispiel, dass die Transporte weniger Treibhausgase verursachen, die Ware frischer ist und heimische Arbeitsplätze gesichert werden. Solche Produkte kosten laut Stiftung Warentest oft 10 bis 20 Prozent mehr als vergleichbare Lebensmittel.
Doch mit vielen als regional beworbenen Produkten führen Hersteller und Händler den Verbraucher an der Nase herum. Der Discounter Lidl verkauft unter der Marke "Ein gutes Stück Heimat" zum Beispiel Brechbohnen im Glas - aber nicht nur in der Herstellungsregion um Merzenich in Nordrhein-Westfalen, worauf der Name hindeutet.
Die angeblich regionalen Bohnen sind vielmehr in ganz Deutschland erhältlich. Das gilt auch für eine ganze Reihe anderer Produkte der Marke. Öko-Test hat zum Beispiel in Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern "Ein gutes Stück Heimat" Fruchtsaft gefunden, der in Bayern hergestellt wurde.
Früchte, die hier heimisch sind
Noch offensichtlicher täuschen die Ketten Plaza und Sky der Kieler Genossenschaft Coop den Verbraucher. Unter der Marke "Unser Norden" verkaufen sie auch Reis, Kaffee und Rotbuschtee - obwohl diese Pflanzen bekanntlich nicht in Deutschland und schon gar nicht in Norddeutschland wachsen.
Warum sie dennoch unter "Unser Norden" vertrieben werden, begründete Plaza laut Öko-Test so: "Alle Lebensmittel werden entweder in Norddeutschland produziert, veredelt oder abgepackt. Und die Produkte werden nach nordischem Geschmack und langjähriger Tradition hergestellt."
Auch renommierte Markenhersteller sind da nicht besser. Die Marmelade Hofladen Heimische Fruchtsorten Sanddorn-Erdbeere von Schwartau beispielsweise enthält nach Firmenangaben auch Früchte aus Polen, dem Baltikum und Südosteuropa – und wird natürlich bundesweit vermarktet. Zur Erklärung schreiben die Schwartauer der taz, "dass wir mit der Konfitüren-Range ,Hofladen' heimische Fruchtsorten thematisieren und nicht die Regionen der eingesetzten Früchte".
Ähnlich argumentiert das Unternehmen Eckes-Granini, das unter anderem den Saft Hohes C Heimische Früchte Apfel und Quitte herstellt. Man verwende "ausdrücklich" keine regionalen Rohwaren, sondern Früchte, "die in unseren Gefilden heimisch sind", erklärt die Firma.
Stärkeres Kontrollsystem
Auch kleine Regionalanbieter haben in dem Test schlecht abgeschnitten. So stammen nur die Früchte - rund 50 Prozent der Zutaten - für den Erdbeer-Brotaufstrich von "Bergisch Pur" aus dem Bergischen Land. "Der Zucker ist woandersher, weil wir keine Zuckerregion sind", sagte Pressesprecher Peter Schmidt der taz.
So etwas ist möglich, weil die Begriffe "Region", "Nähe" und "Heimat" im Zusammenhang mit Lebensmitteln nicht rechtlich definiert sind. In der Biobranche etwa ist das anders. Für sie legt eine Verordnung der Europäischen Union genaue Regeln fest. Kontrollstellen überprüfen dann, ob sich die Wirtschaft an die Vorschriften hält.
So ein Kontrollsystem fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband auch für regionale Waren. Zudem müsse der Staat die Unternehmen verpflichten, immer die Region zu nennen, aus der die Produkte stammen. Offenlegen sollten sie auch, auf welche Produktionsschritte sich die Regio-Kennzeichnung bezieht. Lebensmittel, die nur aus einer Zutat bestehen, müssten zu 100 Prozent aus der genannten Region stammen. Bei zusammengesetzten Nahrungsmitteln verlangen die Verbraucherschützer eine 95-Prozent-Grenze.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) könnte dazu einen Vorschlag machen. Eine taz-Anfrage zum Thema ließ sie jedoch bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
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