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Ergebnisse des Kita-Länderreports14 Kinder spielen mit einer Erzieherin

Im Osten fehlen Erzieherinnen, im Westen die Kitaplätze. Und der Bedarf wird mit dem neuen Rechtsanspruch für Unter-Dreijährige weiter steigen.

Bastelaktionen in der Kita – geht nur, wenn auch genügend Erzieherinnen da sind. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer hätte das gedacht? Im Osten, einstmals flächendeckend mit Ganztagskitas bestückt, herrscht Mangel: Die Gruppen sind groß, die Zahl der ErzieherInnen klein, der Osten steht in dieser Hinsicht schlechter da als der Westen. Das zeigt der Länderreport „Frühkindliche Bildungssysteme“, den die Bertelsmann-Stiftung am Donnerstag vorlegte.

Am schlechtesten werden Kinder in Mecklenburg-Vorpommern betreut. Wenn Kitas dort ihre Gruppen wegen des neuen Rechtsanspruchs von Kleinkindern öffnen, so dass nun auch Zweijährige in die Kindergartengruppe gehen, dann steht dort für knapp 14 Kinder im Schnitt eine einzige Betreuungsperson zu Verfügung.

Sind die Gruppen gänzlich altersübergreifend organisiert, nehmen also Kinder von 0 bis 6 Jahren auf, dann kommen immer noch knapp 11 Kinder auf eine Betreuungsperson. Aber auch in reinen Krippen für Kleinkinder unter 3 Jahren ist eine Betreuungsfachkraft mit knapp 6 Kindern im Durchschnitt beschäftigt.

Das ist doppelt so viel, wie der von Bertelsmann entwickelte Qualitätsstandard von 1 : 3 es vorsieht. Diesen Schlüssel erreicht nur Bremen knapp. Der Westen aber hat stattdessen ein Problem damit, überhaupt genügend Plätze zur Verfügung zu stellen.

Zwar bauen alle Bundesländer aus, doch das reicht nicht, sagt Anette Stein, die Leiterin der Studie. „Es besteht die Gefahr, dass auch im Westen nur noch auf Quantität geachtet wird und nicht mehr auf Qualität.“ Stein geht davon aus, dass der Bedarf bei Inkrafttreten des Rechtsanspruchs knapp gedeckt sein wird, „aber dann fängt der Ausbau erst richtig an“, gibt sie zu bedenken, „denn mit dem Angebot steigt die Nachfrage“.

Fachkräfte im Osten besser qualifiziert

Die großen Gruppen in den ostdeutschen Ländern sind ein Erbe des Sozialismus. Der aber auch dafür sorgte, dass die Fachkräfte in der Regel besser ausgebildet sind als die im Westen: 90 Prozent des Personals im Osten sind voll ausgebildete ErzieherInnen. Im Westen sind es nur 72 Prozent, in Bayern gar nur knapp 60.

Trotzig schickt denn auch das Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern eine Mitteilung herum: „Wir haben zwar weniger Personal in den Gruppen, aber dafür das besser qualifizierte! Für uns zählt beim Personal: Qualität statt Quantität.“ Das aber reicht nicht, sagt Anette Stein: „Die höchste Qualifikation nützt nichts, wenn sie sich um zu viele Kinder zugleich kümmern müssen.“

Der Westen kann auch noch von einer weiteren Erbschaft im Osten träumen: Gut 72 Prozent der Kitakinder sind ganztags versorgt. Im Westen dagegen herrscht Halbtagskultur, insbesondere bei den Kindergartenkindern. Nur ein Drittel von ihnen hat einen Ganztagsplatz.

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8 Kommentare

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  • C
    Candite

    @Irmi

     

    es geht um Krippen, nicht um Kitas.

     

    Sie werden doch nicht im Ernst behaupten, man könne 25 Wickelkinder mit 2 Erzieherinnen betreuen.

     

    Kleines Rechenbeispiel :

     

    Jedes dieser 25 Kinder muß an einem Vormittag 2 mal gewickelt werden. 10 bis 15 Minuten Arbeit.

     

    Das heißt, Sie fertigen 4 bis max 6 Kinder in der Stunde ab. Bei 25 Kindern sind zwei Erzieherin nur mit Wickeln beschäftigt.

     

    Desshalb gab es in der DDR das kollektive Töpfchengehen, mit all den negativen Folgen für manche Kinder.

     

    Wenn wir eine gute Frühbetreuung wollen, müssen wir die seelische Gesundheit der Kinder berücksichtigen.

    Und wenn wir diese berücksichtigen, kommen wir auf einen Schlüssel bei unter 1jährigen von 1:1, bei unter 2 Jährigen von 1:3 und bei unter 3jährigen bei 1:4 max. 5. Wobei immer zu berücksichtigen ist, dass nicht jedes Kind bekrippbar ist und nicht jede Erzieherin jedes Kind so annimmt wie sie es sollte.

     

    Kinder sind verschieden. Manche Kinder aus DDR-Wochenkrippen haben selbst diese Zumutungen völlig unbeschadet überstanden.

    Und mit Sicherheit gibt es immer einen kleinen Teil von Kindern aus dysfunkionalen Familien für die Frühbetreuung exrem wichtig ist.

     

    Die Frage, ist doch die:

    Was können wir unseren Kindern zumuten und wo sind die individuellen und die gesellschaftlichen Grenzen.

     

    Die individuellen Grenzen sollten die Eltern ohne Zwang bestimmen.

    Die Standarts der Betreuung und gesellschaftlichen Grenzen der Zumutungen dürfen nie von Wirtschaftlichkeit bestimmt sein, ansonsten könnten wir auch gleich Kinderarbeit zulassen.

     

    Im Übrigen garantiert nur eine gewisse Wahlfreiheit der Eltern die Qualität der Betreuung.

    Im Umkehrschluss erleichtert eine gute Betreuung die Akzeptanz der Frühbetreuung.

     

    Mein Eindruck derzeit ist, dass duch ideologischen Überaktivismus (Rechtsanspruch und matrieller Zwang der Eltern), das ganze ohnehin an die Wand gefahren wird.

  • I
    Irmi

    Wer hätte das gedacht? Im Osten, einstmals flächendeckend mit Ganztagskitas bestückt, herrscht Mangel.Die Gruppen sind groß, die Zahl der ErzieherInnen klein, der Osten steht in dieser Hinsicht schlechter da als der Westen.

     

    Was für ein Schwachsinn, im Osten kann man echt gut jammern. Im Westen ist gar nichts besser.

     

    Im Westen gibt es keine Kitas flächendeckend, auf 25 Kinder kommen nur 2 Erzieherinnen und noch schlecht bezahlt.

     

    Man könnte fast denken, das im Osten mehr gejammert wird und dann wird Fr. Merkel ihren Leuten schon helfen. Da sich Hr. Steinbrück nun auch aus wahltaktischen Gründen dem Osten zuwendet, wird er sicher die Fr. Merkel übertrumpfen und den Osten mit noch mehr soz. Spenden bedenken. Wobei jetzt schon keiner weis wer das zahlen soll. Wir hier im Westen zahlen seit Jahrzehnten die hohen Soli, wo sind die Milliarden hingegangen.

     

    Die im Osten bekommen 2013 eine Rentenerhöhung von mehr als 3,5 % und im Westen, man glaubt es kaum 0,25 %, da können sich die im Westen jetzt sicher einen Mercedes oder Reiheneckhaus kaufen.

     

    Glauben die im Osten im Westen ist alles toll, im Westen wird den Leuten alles hinterher geworfen ?

     

    Im Westen hungern die Rentner noch mehr, wühlen in öffentlichen Abfalleimern nach Essen, weil nicht nur die Lebensmittel sondern auch die Mieten weitaus höher sind als im Osten.

     

    Es reicht jetzt mal

  • M
    Marcus

    Welch Wunder der Vollversorgung. Wundert sich nach 20 Jahren Abbau an Betreuungsangeboten irgendjemand das es nicht Reicht? Nach der Wende wolte man am liebsten alle Einrichtungen sofort schlisen, warum solten die Osis haben was es im Westen nicht gibt, die Arbeitslosigkeit ist hoch genug sollen doch die Frauen zu Hause bleiben und die Kinder erzihen. Zur Erinnerung in der DDR haben fast alle Frauen gearbeitet und es gab Kindergartenplätze für alle. Auch der geringe Betreuungsschlüssel liegt weniger am Erziher- als am Geldmangel. Auch wenn es weniger sind als zu Wende Zeiten (da 20 Jahre Lang kaum ausgebildet wurde) gibt es immer noch genug Erzieher die sich mit anderen Jobs durchschlagen. Allerdings werden diese ihre aktuellen Jobs nicht für eine Befristetehalbtagsstelle verlassen und der Betreuungsschlüssel wird nicht durch mehr Kinder niedrig gelalten sondern durch Entlassung von Personal. In den vergangen Jahrzent des "Kitaausbaus" wurde die geplante Anzahl der Kitaplätze im verhältnis zur Anzahl der Kinder stetig erhöht, doch bis vor Kurzen lag der osten stehts über den neuen Zielen so das stetig Einrichtungen geschlossen wurden um den neuen Schlüssel zu erfüllen. Das ist der Hohn der Planwirtschaft das im Nahmen des Kitaausbaus Kitas geschlossen werden, und dann wundert Man sich das Keine Vollversorgung mehr möglich ist. Dabei waren die Einrichtungen welche geschlossen wurden nicht unterbesucht da es nicht nur mehr Plätze im Osten gab sondern diese auch bedeutend mehr genutzt wurden. Es ist einfach normal hier die Kinder in den Kindergarten zu schick, selbst wenn ein Elternteil nicht Arbeitet gehen viele Kinder zumindest halbtags um Freunde zu treffen.

    Ein gewisser rückbau der Plätze war natürlich notwendig um auf die Sinkenden geburtenzahlen zu reagieren aber dabei wurde maßlos übertrieben. Um dem Skandal den letzten Stich zu geben wurden gleichzeitig natürlich auch neue Einrichtungen erichtet in privater Trägerschaft die horende gebüren verlangen und gerne auch Konfesionsgebunden sind. Klar das diese einrichtungen keine Erziher finden wenn sie nur gläubige einstellen. Der überwiegende teil der Ostdeutschen sind Releglionslos und die welche doch gläubig sind waren im normalfal nicht in der Kindererzihung beschäftigt(was natürlich auch Falsch war). Nichts gegen Konfesionsgebundene Einrichtungen dort wo es die entsprechenden Gläubigen gibt aber es ist ein Undig das Eltern isre Kinder in diese Bekehrungsmaschinen schicken müssen nur weil es keine ander erschwingliche Betreuung gibt. Welchen Sinn ergibt es Kinder Beten zu lassen wenn von 70%-80% weder die Eltern noch die Kinder daran Glauben.

  • M
    MiniKita

    Ich war als Kind in einer Mini Kita: 3 Kinder, meine Geschwister und ich.

     

    Die Erzieherin nannte sich Mutti.

     

    Danke Mutti

  • S
    Susanna

    Ein Betreuungsschlüssel von 1:3 bei unter dreijährigen? Das habe ich ja noch nie gehört. Was ist denn das für ein unerreichbarer Standard? Da muss ja jede Studie scheitern. Hier in Berlin ist 1:6 der reguläre Schlüssel und wenn der erfüllt ist, war das nach meinem Eindruck auch eine gute Sache.

    Alles andere ist ja auch irgendwie gar nicht bezahlbar, oder?

    Das Schlimme in unserer Kita war eher, dass eben auch die 1:6 oft nur mit Praktikanten und Aushilfen geschafft wurden, das waren zwar sehr liebevolle Menschen, aber die kommen und gehen alle paar Wochen, das ist für Kinder nicht so schön.

    Und später, bei den ab dreijährigen hatten wir einmal einen Schlüssel von 1:16. Das ist schon fast eine Schulklasse. Da wird kein Kind mehr individuell gesehen, außer es ist sehr destruktiv. Kann man wieder alles managen und legal klopfen, indem man Aushilfen und Praktikanten hinzupackt, aber die dauerhaften Bezugspersonen, die letztendlich auch die Entwicklung im Blick haben müssen, sind restlos überfordert.

    Wir haben jetzt einen altersübergreifenden Schlüssel von 3:20, wovon 2 vollausgebildet sind, eine dauerhafte Aushilfe und 4 Kinder unter 3 Jahren, und der Laden läuft entspannt.

    Vielleicht muss man schon ein bisschen die Ansprüche runterschrauben im Westen, um mehr Plätze zu schaffen. Meine Erfahrung ist: Selbst in der heillos überfüllten Kita, die wir am Anfang hatten, war das Personal sehr gut und unser Kind hat keinen Schaden bekommen.

    Es war für alle anstrengender, das Kind war unausgeglichener, aber trotzdem gerne da. Es gibt schlimmeres.

  • T
    tazleser_by

    Entweder sind die Quellen falsch oder nicht ausreichend recherchiert. Im Westen, bzw. im Süden z.B. in und um München sind Erzieherinnen rar wie sonst noch was. Hier buhlen die KiTas mit Extrageschenken und werben z.B. aus Österreich ganze Busladungen an.

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Der letzte Satz entwertet schlagartig alle Ergebnisse der Stiftung Bertelsmann: Ganztags heißt, bei gleichem Geld mehr leisten.

     

    Anders gesagt: Der Westen steht auch beim Betreuungsschlüssel nicht besser da, denn die Hälfte der Zeit kümmert sich gar keine Erzieherin um die Kinder. Stattdessen können die Eltern nicht beide voll arbeiten.

     

    (ich hätte den Artikel fast ignoriert, als ich „Stiftung Bertelsmann“ gesehen habe. Ich bin ganz froh, dass ich das nicht getan habe, weil er die Studie zumindest soweit hinterfragt, dass ich die (gewollten?) Lücken im Bertelsmann-Bericht erahnen kann. Gerne mehr davon - und auch gerne noch härter hinterfragt!)

  • H
    Hafize

    Das sind nur die Zahlen. Das wirkliche Problem beginnt mit der Qualität, mit der pädagogischen Arbeit. Das kann dann, wenn man pauschal Erzieherinnen braucht, eben nur nebensächlich sein. Und vielerorts läuft das dann auch so ab.

    Außerdem müssten Erzieherinnen heute lange arbeiten und das mit kleinen Kindern führt zu Rückenproblemen und leider auch zu einer kleinen Rente. Gerade die Kolleginnen, die für eigene Kinder eine Pause machen / gemacht haben, können ein Lied davon singen.