Erdrutschgefahr im Rheinland: Gigantische Löcher
Nach dem Erdrutsch in Sachsen-Anhalt warnen Umweltschützer vor weiteren Unglücken im Rheinland. Dort hinterlassen die Tagebaue Löcher von bis zu 250 Metern Tiefe.
BERLIN taz | Nach dem Unglück an einem gefluteten Tagebauloch in Sachsen-Anhalt fordern Umweltschützer ein Überdenken der bisherigen Renaturierungsstrategie. Vor allem in Ostdeutschland existieren schon Dutzende solcher Seen wie in Nachterstedt, wo am Wochenende zwei Häuser einem Erdrutsch zum Opfer fielen.
Weitere Seen sollen in den nächsten Jahrzehnten hinzukommen und so Erholungsgebiete wie das Lausitzer Seenland schaffen. Auch im Rheinland sollen große Tagebaulöcher, wie etwa in Garzweiler, geflutet werden.
Eine Flutung und Renaturierung von Tagebaulöchern könne landschaftlich reizvoll sein, wenn die geologischen Voraussetzungen stimmten, sagte Rüdiger Rosenthal vom Umweltverband BUND der taz. Allerdings dürften in der Nähe solcher Seen keine Baugebiete ausgewiesen werden, wie dies etwa an einem See südlich von Leipzig der Fall sei, wo teure Grundstücke mit Seeblick veräußert wurden. Bei sehr tiefen Tagebaulöchern müsse man auch über eine Teilverfüllung nachdenken. Und: "Bergbau ist immer ein enormer Eingriff in die Natur, den wir im dichtbesiedelten Deutschland zurückführen müssen."
Der BUND-Landesverband Nordrhein-Westfalen warnte am Sonntag vor den Risiken durch den Braunkohletagebau im Rheinland. Nach Beendigung der drei Großtagebaue Garzweiler, Hambach und Inden entstünden gigantische Restlöcher mit noch unabsehbarem Schadenspotenzial, so der Umweltverband.
In unmittelbarer Nähe der bis zu 250 Meter tiefen und insgesamt mehr als 74 Quadratkilometer großen Restlöcher lebten heute tausende Menschen. "Wegen der enormen Dimensionen der rheinischen Tagebaue ist die Gefahr von Erdrutschen hier sogar wesentlich höher als in Ostdeutschland", so der Braunkohleexperte des Verbandes, Dirk Jansen.
Nach den bisherigen Planungen sollen die Restlöcher der drei Großtagebaue bis zum Ende des Jahrhunderts geflutet werden. Gerade während der bis zu 40 Jahre dauernden Befüllung mit Wasser und dem langsam wieder ansteigenden Grundwasserspiegel kann es nach Einschätzung des Umweltverbandes verstärkt zu Instabilitäten im Tagebaurestloch an den dortigen Böschungen kommen, was zu Erdrutschen führen könne. Besonders gefährdet sind demnach Orte wie Kerpen-Buir, Niederzier, Jackerath und Kückhoven wegen ihrer Randlage zu den Gruben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!