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Erdbeben in SüdspanienPfusch am Bau

In der südspanischen Stadt Lorca hat ein Erdbeben der Stärke 5,3 mindestens acht Menschen das Leben gekostet. Die Häuser waren reihenweise umgefallen, weil zu billig errichtet.

In Spanien sind Erdbeben relativ selten, viele Menschen wurden obdachlos. Bild: reuters

MADRID taz | "Hier sieht es aus wie in Beirut", erklärt Francisco Jódar, Bürgermeister der südostspanischen Stadt Lorca, nach einem Rundgang durch seine Gemeinde. Lorca wurde am Mittwochnachmittag Opfer zweier Erdbeben. "Trümmer auf dem Boden, riesige Risse in den Wänden", beschreibt er den Zustand der Gebäude nach den beiden Erdstößen der Stärke 4,5 und 5,2 auf der Richterskala. Acht Menschen kamen ums Leben. 120 wurden zum Teil schwer verletzt. "80 Prozent der Häuser sind beschädigt", erklärt Jódar. Das Epizentrum befand sich direkt unter der 92.000-Einwohner-Stadt in der Region Murcia.

Mehrere Gebäude stürzten ein, Schulen, Altersheime und das örtliche Krankenhaus wurden evakuiert. "Die Gebäude hätten nicht einstürzen dürfen, es hätte keine Opfer geben dürfen", erklärte der Vorsitzende des Geologenverbands, Luis Suárez, am Mittwoch unmittelbar nach dem Beben. "Ein 5,2 auf der Richterskala hat nicht die Kraft, Gebäude zum Einsturz zu bringen", weiß er. Das sei nur möglich, "wenn sie bereits zuvor Schäden hatten". Ein Blick in Google Streetview zeigt, dass alle betroffenen Wohnblocks nur wenige Jahre alt waren.

Lorca und die gesamte Provinz Murcia gehören zum Erdbebengebiet. 2006 wurde die Region Opfer eines Erdstoßes mit der Stärke 4,8. Suárez hatte immer wieder davor gewarnt, dass die Region in "absehbarer Zukunft" ein schweres Beben erleben würde. Gehört hat ihn in Südostspanien keiner. Murcia und die Stadt Lorca haben in den Jahren des Baubooms mitgezockt wie kaum eine zweite Region.

Überall wurden schnell Wohnungen aus dem Boden gestampft und so Milliarden verdient. Ganz offensichtlich ignorierte man dabei einfachste Sicherheitsbestimmungen. Die Art, wie die Gebäude einstürzten - sie klappten wie ein Kartenhaus in sich zusammen -, weise auf ungenügende Fundamente und auf zu schwach ausgelegte Pfeiler hin, sagt Suárez. "Es ist Aufgabe der Gemeindeverwaltungen, die strikte Einhaltung der Sicherheitsauflagen zu überwachen, wenn sie Baugenehmigungen vergeben", erklärt er.

Lokalpolitiker wollen von dieser Debatte nichts wissen. Sie erklärten im Radio, dass es jetzt nicht an der Zeit sei, über Verantwortung zu reden, sondern zu helfen. Am 22. Mai stehen in Spanien Gemeinderats- und Regionalwahlen an. Eine Diskussion über die Folgen des Baubooms kommt da ungelegen.

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1 Kommentar

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  • Y
    Yukon

    Mein Mitleid hält sich in Grenzen, wenn man sich der Natur nicht anpasst muss man mit sowas halt rechnen.