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Erdannäherung der orgiastischen Art

■ In Hüttenbusch kann sich wer will vom Himmel fallen lassen

Ein kreisrunder Punkt auf einer Wiese. Ein Kreise ziehender Punkt hoch in der Luft. Oben öffnet sich die Luke und heraus purzeln fingergroße Figuren, deren im Moment einziges Bestreben es ist, möglichst genau auf dem erdigen Pünktchen gut 1.000 Meter tiefer zu landen: Zielspringen der Fallschirmsport-Gruppe des Bremer Vereins für Luftfahrt und 12 Mannschaften sind angereist. Kaum hat die Maschine die Springer ausgespieen, landet sie bereits wieder auf dem kleinen Rasenflugplatz in Hüttenbusch bei Worpswede, dem Domizil der Bremer FalschirmspringerInnen. Laut knatternd setzt die 33jährige „Antonow II“ auf, hüpft noch einmal zwei, drei Meter in die Höhe. Rucksackbehängte rasen zur Maschine. Auf gehts wieder.

Samstagnachmittag: In der Ferne ziehen immer mehr Wolken auf. „Scheißwetter zum Springen“, sagt einer. Am Freitag, da war es optimal. Der Himmel wolkenlos. Die „Antonow II“, mit der polnische Fallschirmspringer aus Gdansk gekommen waren, konnte bis auf gut 3.000 Meter steigen. Dann macht das Springen erst so richtig Spaß: Raus aus der Luke und im freien Fall runter auf etwa 800 Meter, ehe der Schirm geöffnet wird. Nach zehn Sekunden und dreihundert Meter ist die Endgeschwindigkeit erreicht: 50 Meter/Sekunde. Aber an diesem Samstag ist die Freude halb so groß. Wegen der inzwischen tiefhängenden Wolken müssen die Springer schon bei 1.000 Meter 'raus. Da bleiben nur Sekunden, bis der lenkbare Schirm geöffnet werden muß. Um 16.00 Uhr ist definitiv Schluß. Aus den Wolken schießen Blitze, die Springer ziehen sich in das kleine Vereinshaus zurück.

Bis zu 60 BremerInnen zieht es, so daß Wetter mitmacht, wochenends nach Hüttenbusch. „Vom militärischen Image sind wir zum Glück weg“, sagt Harald Willenbrock, Sprunganfänger und ansonsten zu Erde Zivildienstleistender. Zivildienstleistende, auch StudentInnen, davon gibt's noch mehr im Verein. Und der Frauenanteil liegt inzwischen, so Willenbrock, bei fast 30 Prozent. Wer davon träumt an der Tragefläche einer Cessna zu hängen und sich von dort ins Tiefe zu stürzen, muß allerdings erstens ein fliegerärztliches Okay und zweitens ein paar Mark mitbringen. 450 Mark inclusive Schirmmiete kostet die Ausbildung, dazu kommt ein jährlicher Vereinsbeitrag von 300 Mark.

Und was ist das nun für ein Gefühl, wie ein wilder Watz gen Erde zu stürzen? „Kann man nicht beschreiben“, sagt einer. „Einfach Wahnsinn“, ein anderer. „Wie ein Orgasmus, nur anders“, ein dritter. Wer's selbst rausfinden will, kann sich am kommmenden Wochenende für 200 Mark theoretisch einweisen lassen und auch einmal richtig springen. Dann, damit's nicht in die Hose geht, mit einem sich automatisch öffnenden Schirm.

hbk

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