Entwicklungshilfe: Globale Blamage abgewendet
Es war lange gefeilscht worden, doch nun gibt Deutschland 600 Millionen Euro für den Kampf gegen Krankheiten aus. Woher das zusätzliche Geld kommt, ist unklar.
Deutschland wird dem Globalen Fonds gegen Aids, Malaria und Tuberkulose mehr Geld geben als von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) ursprünglich vorgesehen. Die deutsche Delegation gab bei der Geberkonferenz in New York das Versprechen, in den kommenden drei Jahren 600 Millionen Euro einzuzahlen - genauso viel wie in den vergangenen drei Jahren.
Bis zur letzten Minute hatte die Bundesregierung über die Summe verhandelt. Bei den Gesprächen zwischen Finanz- und Entwicklungsministerium war insbesondere umstritten, ob es eine Aufstockung des Etats von Entwicklungsminister Niebel geben wird oder ob dieser den Beitrag aus dem vorhandenen Budget leisten muss. Die Zusage erfolge daher "vorbehaltlich der Schaffung der Haushaltsvoraussetzungen", so das Entwicklungsministerium.
Aus Niebels Haus hieß es, Deutschland würde sich mit dieser Summe "nicht blamieren" und das Land "angemessen vertreten". Gegenüber den Zusagen anderer Industriestaaten nehmen sich die 600 Millionen Euro der Deutschen trotzdem bescheiden aus. So erklärte Frankreich bereits Ende September, mit rund einer Milliarde Euro etwa 20 Prozent mehr als bisher einzuzahlen. Die Vereinigten Staaten - schon heute der größte Geldgeber - sagten eine massive Aufstockung um fast 40 Prozent auf rund 2,9 Milliarden Euro zu. Die Europäische Union erhöhte ihren Beitrag um immerhin 10 Prozent auf 330 Millionen Euro.
Um den deutschen Beitrag zum Globalen Fonds war in den vergangenen Tagen intensiv gefeilscht worden. Zunächst sorgte die Ankündigung des Entwicklungsministers, die Zuwendungen für den Globalen Fonds von 600 auf 200 Millionen Euro herunterzuschrauben, für Empörung unter Entwicklungsorganisationen und den Fonds-Verantwortlichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte beim UN-Millenniumsgipfel in New York dann aber das öffentliche Versprechen abgegeben, den Fonds "weiterhin auf hohem Niveau" zu fördern.
Merkels Formulierung, so hieß es aus CDU-Kreisen, sei äußerst spontan in die Rede gelangt. Niebel nahm dies zum Anlass, nun doch mehr Geld für den Fonds zu geben. Per Brief forderte er von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dafür eine Aufstockung seines Etats um die fehlenden 400 Millionen Euro, was dieser in seiner Antwort brüsk zurückwies. In den Verhandlungen zwischen beiden Ressorts argumentierte das Entwicklungsministerium, bei Verweigerung zusätzlicher Mittel müsse man bei anderen internationalen Verpflichtungen zurückstecken. Auch CDU-Entwicklungspolitiker Jürgen Klimke bestätigte im Vorfeld der taz: "Der Aufwuchs wird kommen. Wir werden schauen müssen, woher wir die Mittel nehmen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs