Entsorgung von Kadavern: Tote Tiere in die Tonne
In Bremen dürfen Haustiere wegen des hohen Grundwasserstandes nicht vergraben werden. Eine Alternative sind teure Tierfriedhöfe oder Sondermüll.
![](https://taz.de/picture/133164/14/vogel_bestattung_haustiere_bremen_dpa.jpg)
„Unter welchen Bedingungen und wo dürfen Kleintiere in Bremen, zum Beispiel im eigenen Garten, bestattet werden?“, wollte Maike Schäfer vergangene Woche vom Bau und Umweltsenator wissen. Sie hat lange überlegt, ob sie das Thema überhaupt auf die Tagesordnung setzen sollte. Und wurde dann prompt von Kollegen gefragt: „Sag mal, haben wir in Bremen keine drängenderen Probleme?“ Doch, hat sich die grüne Umweltpolitikerin gedacht. Zum Beispiel das marode Tanklager in Farge, das das Grundwasser verseucht. Oder die Tatsache, dass Bremen seine ehrgeizigen Klimaschutzziele um Längen verfehlt.
Aber manch einen und manch eine plagen ganz andere Sorgen, die einer akuten Lösung bedürfen. Das weiß Schäfer von einigen verzweifelten Anrufern: „Die rufen bei uns Grünen an, weil sie denken, wir seien doch für Tiere.“ Die heiß geliebte Katz, der Wellensittich, der Hund, das Kaninchen, die Wüstenrennmaus ist tot. Es gibt keinen Garten oder zu viele Skrupel, das Tier einfach zu vergraben, weil das in Bremen mit wenigen Ausnahmen schließlich verboten ist. Und jetzt?
„Das klingt vielleicht nicht so schön, aber Sie können Ihre Katze einfach in den Restmüll werfen“, sagt die Frau von der Kundenberatung der Entsorgung Kommunal. Damit fordert sie zu einem Verstoß gegen das Tierkörperbeseitigungsgesetz auf. Nach diesem gelten tote Haustiere als höchst gefährlich für Mensch und Umwelt und müssen als Sondermüll entsorgt werden. Sammelstellen gibt es in Bremen auf zwei Recyclinghöfen, hat Maike Schäfer auf Anfrage vom Umweltsenator erfahren. Wer dort seine Katze hinbringt, zahlt 12 Euro, für Hunde fallen 15 Euro Gebühr an.
Eine Information darüber gibt es auf keiner Internetseite, es gibt keinen Flyer. Nichts, was erklärt, warum das Verbuddeln unter bestimmten Umständen erlaubt, in Bremen aber verboten ist. „Die hydrogeologischen Verhältnisse in Bremen lassen das Vergraben im Garten grundsätzlich nicht zu“, heißt es nun in einem Behördenschreiben auf Schäfers Frage. Das Problem seien die hohen Grundwasserstände in der Stadt, die Ausnahmen wie in anderen Bundesländern kaum zuließen.
„Die meisten halten sich nicht dran“, sagt eine Bremer Tierärztin, „die vergraben ihre Tiere trotzdem.“ Viele würden das eingeschläferte Tier aber auch einfach bei ihr lassen, sie fährt es dann zur Entsorgung auf den Recyclinghof. Das fühle sich wohl besser an, als selbst zu sehen, dass es in der Tonne landet. Würde sie im Viertel oder in Schwachhausen arbeiten, den Stadtteilen, in denen die meisten ihrer Bremer Kollegen zu finden sind, gäbe es vielleicht mehr Tierbesitzer, die sich für eine Beerdigung auf einem Tierfriedhof entscheiden würden.
Denn das ist teuer. 288 Euro wollen zwei Unternehmer in Bremen Nord für drei Jahre in einem anonymen Grab haben, für 432 Euro gibt es auch einen Grabstein. Hinzu kommen noch einmalig 60 Euro für die Beerdigung einer Katze oder 90 Euro für einen mittelgroßen Hund. Ähnlich saftig sind die Preise eines Tier-Krematoriums in Badbergen, das für die Einäscherung eines 30 Kilo Gramm schweren Hundes 269 Euro verlangt.
Günstiger geht’s beim Bremer Tierschutzverein. Dort werden jährlich 150 Tiere beerdigt, die meisten anonym. Für Kleintiere nimmt er einmalig 26 Euro, für Katzen 100 und für Hunde 120 Euro. Die Reihengräber kosten 120 beziehungsweise 150 Euro im Jahr, nach drei Jahren wird es günstiger.
Maike Schäfer findet, dass das für Menschen, die mit 382 Euro Arbeitslosengeld im Monat auskommen müssen, sehr viel Geld ist. „Ja, der Grundwasserschutz geht vor“, sagt sie. „Aber vielleicht kann man wenigstens für Kleintiere Ausnahmen machen.“ Eine Amsel dürfe ja auch draußen verrotten, ein Wellensittich aber nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm